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Doppelter geistlicher Espresso

5. März 2021 in Kommentar, 10 Lesermeinungen
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Kürzlich hat Maria 2.0 Thesen in Kirchen verteilt, auf denen steht, wie die Kirche zu sein hat.Leider haben sie die wichtigste These vergessen:„Intimität mit Gott. Die Reform der Kirche sollte in jedem Herzen beginnen - BeneDicta von Dorothea Schmidt


Regensburg (kath.net)

Kürzlich hat Maria 2.0 Thesen in Kirchen verteilt, auf denen steht, wie die Kirche zu sein bzw. werden hat. Leider haben sie die wichtigste These vergessen: „Intimität mit Gott. Die Reform der Kirche sollte in jedem Herzen beginnen. Das Wichtigste dafür sind Stille und Gebet, eine Zeit, in der wir allein mit Gott sind, mit ihm sprechen und uns von ihm lieben lassen können.“

Das ist, was unsere Kirche wirklich braucht, und das lässt sich einüben, zum Beispiel in den  40 Tagen der Fastenzeit, wovon zwei Wochen schon verstrichen sind, aber insgesamt sind es 40 Tage, der Zehnte eines Jahres. Wir kennen den Zehnten in Zusammenhang mit Geld. Im Buch Maleachi lesen wir: „Bringt den ganzen Zehnten ins Vorratshaus, damit in meinem Haus Nahrung vorhanden ist. Ja, stellt mich auf die Probe damit, spricht der Herr der Heere, und wartet, ob ich euch dann nicht die Schleusen des Himmels öffne und Segen im Übermaß auf euch herabschütte.“

Eine grandiose Verheißung! Warum öffnet nicht jeder seinen Geldbeutel und spendet den Zehnten an Arme, für die Caritas, die Kirche….? Weil uns Vertrauen und Glauben fehlen. Und weil wir zu sehr am Materiellen hängen.

Übertragen wir die Sache mit dem Zehntes des Verdienstes auf die Zeit, diese 40 Tage der Fastenzeit, und öffnen unsere Herzen für eine echte, tiefe, intime Begegnung mit dem Herrn, unseren Vater. Wird er uns den Rest des Jahres nicht auch mit Seinem Segen überschütten? Wir hätten das bitternötig in dieser Zeit, in der Glaubensferne, Gottlosigkeit, mangelndes Gottvertrauen, fehlendes Glaubenswissen und eine große Unzufriedenheit mit der Kirche und ihrer Lehre ihre Klauen ausfahren und Menschen aus der Kirche ziehen. Vom Missbrauch, der wie ein Mühlstein um den Hals der Kirche hängt, ist nicht einmal die Rede. Der ist zudem auch nur ein Fingerzeig, ein Hinweis darauf, dass die Kirche ihren Gott unterwegs irgendwo verloren hat, ihn und seine Kirche nicht mehr versteht.


Aber wenn Gott nicht das Wichtigste im Leben ist, sind wir eigentlich noch gar nicht richtig Christen. Dann schiebt sich die Institution nach vorne, macht sich wichtig als müsste sie die Gesamtkirche retten und für x Genrationen vordenken. Dann verfällt sie in Aktionismus, stellt Thesen auf und schafft sich eine neue Kirche in dem Glauben, Rom müsse das nur verstehen und die Kirche auf die Füßen eines Mainstream stellen, der sich alle paar Jahre ändert – und die Kirche eben immer gleich mit. Danke auch. Was für ein Stress!

Da zieht man doch die Beständigkeit Gottes vor und vertraut, auch wenn man vielleicht nicht alles versteht. Aber wenn Gott selber sagt, dass er alles sehr gut gemacht hat als er aus dem Chaos eine wunderbare Ordnung schaffte, dann wird er sich auch etwas dabei gedacht haben, warum er die Kirche so und nicht anders gestiftet hat, dass er beim letzten Abendmahl die Eucharistie einsetzte und die Apostel zu seinen Priestern berief. Jawohl, diese Männer. Jawohl, und er hat niemand deswegen benachteiligt. Ein Recht auf Vollmachten gibt es nämlich gar nicht.

Und schließlich ist es, wie es ist: Niemand darf den Stifterwillen und das Vermächtnis einfach ändern, weil es einem nicht passt. Ich gehe auch nicht zur CDU und zettle einen Aufstand an, damit die sich ändern und noch grüner werden.

Die Fastenzeit sollte uns endlich ausbremsen. Gedanklich vor allem, bevor unsere geistliche Intelligenz flöten geht. 40 Tage für einen Prozess, um aus Chaos und Destruktion zum Heil und den Weg ins verheißene Land zu finden. Nicht durch Diäten, mehr Sport, ohne Kaffee und Süßigkeiten, sondern mit besonders viel doppelten geistlichen Espresso.

Ein polnischer Pater verglich kürzlich die Begegnung mit Gott mit Verliebten: Liebe brauche Intimität. Verliebte ziehen sich zurück, damit niemand sie stören kann, machen es sich gemütlich, vielleicht auch romantisch, nehmen sich Zeit füreinander, können stundenlang ratschen.

Es braucht diesen geschützten Raum, wo niemand anders hereinkommen und stören kann.

Wir rattern dann auch nicht irgendwelche gelernten Text herunter, sondern geben unser Intimstes preis und hören dem anderen zu.

Warum sollte das im Gespräch mit Gott nicht auch so sein? Pflicht oder Liebe, das ist die Gretchenfrage. Gebete runterrattern ist eine Pflicht, hinter die ich ein Häkchen setzen kann. Hinter Liebe setzt man keine Häkchen. Sie ist. Liebe ist Zeit und eine Begegnung mit dem Geliebten und den uns über alles liebenden Vater. Es ist das „kindliche Gespräch mit dem Vater“, wie Papst Franziskus es in seiner Botschaft zur Fastenzeit 2021 formuliert hat.

Wäre da nicht dieses ständige Problem mit der Zeit… Ehrlich: An Zeit fehlt es uns nicht, eher an Disziplin.

Die haben die Damen dann beim Umbau der Kirche, die übrigens nicht „unsere“ Kirche ist, wie sie schreiben, sondern Jesu Kirche. Wenn man seine Kirche verändern will, sollte man vorher mit ihm sprechen. Und verstehen lernen, warum er die Kirche so und nicht anders gemacht hat, was seine Lehre beinhaltet und bedeutet. Oder es einfach akzeptieren – und glauben, dass der das Beste für uns will.

Dafür brauchen wir die Zeit mit ihm. Gehen wir freiwillig in Quarantäne (= 40 Tage). Der oben bereits erwähnte Pater spricht von mehrmals 5 Minuten am Tag – immer dann, wenn wir nervös und unruhig werden oder uns genervt fühlen – und genießen diesen doppelten geistlichen Espresso, wie er das nennt. Einfach still sitzen, nichts tun, die Gegenwart Gottes spüren, an seinem Herzen ausruhen. Das ist wichtig, denn, so der Heilige Vater in seiner Fastenbotschaft, uns werde „in der Sammlung und im stillen Gebet die Hoffnung als Inspiration und inneres Licht geschenkt, das die Herausforderungen und Entscheidungen auf dem Weg unserer Sendung erhellt“.

In der Sammlung und im stillen Gebet In der Stille finden wir Kraft und Energie. Kraft, unser Leben zu ändern, umzudenken, Gott von ganzem Herzen zu suchen und uns von ihm korrigieren zu lassen. Wenn wir Gott aus ganzem Herzen suchen, finden wir ihn, so wie Maria und Josef ihren Sohn drei Tage gesucht und gefunden haben. So, wie alle Eltern ihr Kind suchen würden, wenn sie es verloren haben.

Einmal gefunden und umkehrt, dürfen wir um alles bitten, wir werden es von Gott erhalten, heißt es in der Bibel. Denn wir werden im Willen Gottes bitten. Dann werden so Thesen hinfällig sein. Der Traum von der neuen Kirche erübrigt sich. Wir können uns getrost zurücklehnen und zusehen, wie Gott uns rettet und der Heilige Geist die Kirche erneuert - wie Er es will.

Nur 40 Tage, in denen wir uns von Gott ganz besonders viel doppelten geistlichen Espresso einschenken lassen. Und der Rest des Jahres, die ganze Kirche wird mit Segen und Gnaden nur so überschüttet werden.


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Lesermeinungen

Diadochus 6. März 2021: @Stefan Fleischer

Ihre Besorgnis kann ich durchaus verstehen. In dem Kontext des Kommentars von Dorothea Schmidt geht es nicht um eine Kumpelhaftigkeit, sondern um den vertrauten Austausch von Verliebten im Gebet. Das ist Intimität. Die Damen von Maria 2.0 werden diesen Grad nie erreichen, da sie wohl nicht im Gebet sind. Die Damen wollen nur ihren eigenen Willen durchsetzen. Gerade wenn die Herzen der Gläubigen mit dem Herzen des Göttlichen Erlösers innig vereint sind, wird die Herrlichkeit und Majestät Gottes aufleuchten, ich wage zu behaupten, nur dann. Die großen Mystiker wussten um die notwendige Balance, sodass Ihre Sorge, Herr Fleischer, eher unbegründet ist. Warum ist die Kirche nicht mehr die Kirche als vor 40 Jahren? Meine Antwort: Sie ist keine betende Kirche mehr. Das manifestiert sich auf allen Ebenen, privat, als auch in der Liturgie. Ich musste auch erst in Medjugorje in die Schule Mariens gehen, mich neu eichen, sonst hätte ich Frau Schmidt wohl ebenso wenig verstanden.

Stefan Fleischer 6. März 2021: @ Diadochus

Ich hatte gehofft, man würde mich ein wenig verstehen. Aber «die Kirche von heute ist nicht mehr die gleiche wie vor 40 Jahren» (wie unsere Gemeindeleiterin schrieb) in welcher ich gross geworden und welcher ich mein Firmversprechen gegeben habe. Damals wäre schon fast eine Gotteslästerung gewesen, wenn man von Intimität mit Gott gesprochen hätte. Zu gross war damals das Bewusstsein für die ganze Grösse und Herrlichkeit Gottes, zu gross die sich daraus ergebende Pflicht der Ehrfurcht vor Gott und deshalb vor allem Heiligen. Dass damals die ganze Liebe Gottes zu uns oft vernachlässigt wurde, ist mir auch klar. Heute aber habe ich oft den Eindruck, die Kirche sei ins gegenteilige Extrem gefallen. Für mich aber ist es einfach so, dass, je grösser und ehrfruchtgebietender mir Gott wird, desto grösser und wertvoller wird mir auch seine ungeschuldete Liebe und Barmherzigkeit, desto tragfähiger wird meine Gottesbeziehung auch "wenn ich wandern muss im finsterer Schlucht" (Ps 23,4)

Chris2 5. März 2021: "CD"U? "Grüne"? Na, na, na,

bitte keine so offen ausgesprochene Kritik an der Alternativlosen. Am Ende spielt noch jemand auf die sieben offen extremistischen Gruppen in dem seit Thüringen neuen Partner SED ("Linkspartei") an, während der Bundesregierungsschutz heute schon zum zweiten Mal einen Rüffel von einem Gericht bekommen hat. 10 Tage vor mehreren Wahlen gegen die größte Oppositionspartei vorzugehen, war allerdings auch ein ganz klein wenig zu dreist und auffällig für eine angeblich immer lupenreinere Demokrat...ie.

Diadochus 5. März 2021: Intimität

Der Kommentar von Frau Schmidt gefällt mir sehr gut. Herzlichen Dank dafür. Das sehe ich ganz genauso. Wer in der Stille im Gebet am Herzen des Herrn ruht, der wird die Worte nachvollziehen können. Intimität mit Gott schließt den Herrschaftsanspruch Gottes nicht aus. Jesus Christus selbst hat uns erlaubt, Ihn Abba Vater nennen zu dürfen. Das schafft eine ganz neue vorher nie gekannte Vertrauensbasis. Ein Glaube ohne diese Intimität ist für mich nicht vorstellbar. Soll eine Braut ihren göttlichen Bräutigam nicht lieben dürfen?

Stefan Fleischer 5. März 2021: @ St. Hildegard

Natürlich brauchen wir beides. Wahrscheinlich habe ich mich schlecht ausgedrückt. Aber Intimität mit Gott kann sehr leicht so verstanden werden, dass der Unterschied zwischen dem Schöpfer und dem Geschöpf ausklammert wird. Ich hatte einem einen Chef, der war mein bester Freund. Aber von Intimität mit ihm zu sprechen wäre mir nie in den Sinn gekommen, einerseits weil dies ganz falsch verstanden werden könnte, besonders heute in unserer versexualisierten Welt, andererseits weil seine Stellung als mein Vorgesetzter mir dies schlicht verbot. Mir persönlich ist Gott, so nahe er auch sein mag, immer auch mein Gebieter, wie es im zitierten Gebet heisst. Ich persönlich würde deshalb nie von einer Intimität mit Gott sprechen.

St. Hildegard 5. März 2021: @Sehr geehrter Stefan Fleischer,

wir brauchen tatsächlich beides: Das Wissen, dass Gott der Herr und der Schöpfer des Universums ist (und eben nicht nur der Kumpel, der einfach "da" ist). Er ist aber auch ein Gott, der unseren Alltag begleitet bzw. sogar hineinwirkt.
Insofern brauchen wir auch "Intimität" - nicht umsonst hört man vielfach, wir müssten wieder lernen, die sanfte Stimme Gottes unter den vielen lärmenden Stimmen herauszuhören.
Fällt diese Intimität weg - dann, so meine ich, laufen wir Gefahr, Gott irgendwo "draußen" zu verorten.

Winrod 5. März 2021: Sie haben die "wichtigste These"

nicht vergessen. Sie wissen nichts mehr davon.

gebsy 5. März 2021: Ohne regelmäßiges

SeelenSERVICE sind wir auf dem sprichwörtlichen Holzweg unterwegs ...

document.kathtube.com/51292.pdf

Uwe Lay 5. März 2021: Vergißt Maria 2.0 Gott?

Nein, Gott wird in dieser Reformagenda nicht vergessen, er paßt nicht in diese Agenda, weil ihre Prämisse die ist, daß die Kirche etwas rein Weltliches ist, die wir Menschen nach unseren Wünschen gestalten dürfen und können. Nur am Schluß taucht das "Evanhgelium" auf als Appell zur Humanisierung der Welt und zum Umweltschutzengagement! Das ist alles!
Uwe C. Lay Pro Theol Blogspot

Stefan Fleischer 5. März 2021: Eine kleine Nebenbemerkung

Mit dem Begriff: «Intimität mit Gott» sollten wir m.E. vorsichtig sein. Er kann unter Umständen vergessen machen, dass Gott auch jener ist, der uns entgegen tritt mit dem Anspruch: «Ich bin der Herr, euer Gott!»
Mein Freund sandte mir kürzlich ein syrisch-byzantinisches Gebet zur Fastenzeit, das Gott anspricht mit: «Herr und Gebieter meines Lebens.» Das gab mir schon zu denken, ob wir heute nicht Gott allzu einseitig sehen. (Dass er früher oft ebenso einseitig, nur mit anderen Vorzeichen gesehen wurde, ist m.E. kein Grund ins andere Extrem zu verfallen.)

www.stefanfleischer.ch/GEBETE/herrundgebieter.html

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