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Ansehen, anfassen und essen

18. April 2021 in Aktuelles, 4 Lesermeinungen
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Franziskus: Christsein ist nicht in erster Linie eine Lehre oder ein moralisches Ideal, es ist eine lebendige Beziehung zu ihm, zum Auferstandenen: wir schauen ihn an, wir berühren ihn, wir ernähren uns von ihm. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Regina Caeli am dritten Sonntag der Osterzeit. Ein kleiner Schritt aus dem jüngsten Lockdown: ab diesem Sonntag hält der Papst das traditionelle Mittagsgebet wieder am Petersplatz. Wie das Portal „Vatican News“ am Mittwoch berichtete, werde sich der Papst künftig wieder vom Fenster des Apostolischen Palastes aus an Menschen auf dem Platz wenden.

Wegen der andauernden Pandemie bleibt der Zugang zum Petersplatz allerdings eingeschränkt. Nur, wer rechtzeitig kommt, kann in Sicherheitsabstand zu den anderen Menschen auf dem Platz am Papstgebet teilnehmen. Seit dem 21. März hatte Franziskus den Sonntagstermin ins Innere des Apostolischen Palastes verlegt, von wo aus seine kurze Ansprache via TV-Stationen, Internet und Radio übertragen wurde.

Wann auch die Generalaudienzen des Papstes am Mittwoch wieder mit Live-Publikum stattfinden, ist noch ungewiss. Bisher findet die Generalaudienz jeden Mittwoch ohne Besucher in Form einer Videoansprache in der päpstlichen Privatbibliothek statt.

An diesem dritten Ostersonntag, so der Papst in seiner Katechese, kehrten wir nach Jerusalem zurück, in den Abendmahlssaal, wie die beiden Emmausjünger, die mit großer Ergriffenheit den Worten Jesu auf dem Weg zugehört und ihn dann, „als er das Brot brach “ (Lk 24,35), erkannt hätten. Jetzt, im Abendmahlssaal, erscheine der auferstandene Christus inmitten der Gruppe der Jünger, begrüße sie, indem er sage: „Friede sei mit euch!“ (V. 36). Doch „sie erschraken und hatten große Angst, denn sie meinten, einen Geist zu sehen“ (V. 37). Dann zeige Jesus ihnen die Wunden an seinem Körper und sagt: „Seht meine Hände und meine Füße an: Ich bin es selbst. Fasst mich doch an und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht“ (V. 39). Und um sie zu überzeugen, bitte er um Essen und esse es vor ihren erstaunten Augen (vgl. V. 41-42). Die große Freude habe dazu geführt, dass es die Apostel nicht glauben hätten können. 


Dieser Abschnitt aus dem Evangelium sei geprägt von drei sehr konkreten Verben, die in gewisser Weise unser persönliches und gemeinschaftliches Leben widerspiegelten: ansehen, anfassen und essen. Drei Handlungen, die uns die Freude einer echten Begegnung mit dem lebendigen Jesus schenke könnten.

„Seht meine Hände und meine Füße an“... Ansehen, schauen sei nicht nur sehen, es sei mehr, es beinhalte auch die Absicht, den Willen. Deshalb sei es auch eines der Verben der Liebe. Mütter und Väter schauten ihre Kinder an. Verliebte schauten einander an. Ein guter Arzt sehe einen Patienten aufmerksam an... Das Schauen „ist ein erster Schritt gegen die Gleichgültigkeit, gegen die Versuchung, unser Gesicht von den Schwierigkeiten und Leiden anderer abzuwenden“.

Das zweite Verb sei „anfassen“. Indem Jesus die Jünger einlade, ihn anzufassen, um zu sehen, dass er kein Geist sei, zeige er ihnen und uns, dass die Beziehung zu ihm und zu unseren Brüdern und Schwestern nicht „auf Distanz“, auf der Ebene des Blicks bleiben kann. Liebe verlange nach Nähe, Kontakt, dem Teilen des Lebens. Der barmherzige Samariter habe sich nicht damit begnügt, den Mann zu betrachten, den er halbtot am Wegesrand gefunden habe. Er habe sich gebückt, „er verband seine Wunden, lud ihn auf sein Pferd und brachte ihn zur Herberge“. Und so sei es auch mit Jesus selbst: ihn zu lieben bedeute, in eine lebendige Gemeinschaft mit ihm einzutreten.

Das  dritte Verb sei „essen“, das unser Menschsein in seiner natürlichsten Bedürftigkeit gut zum Ausdruck bringe, nämlich unser Bedürfnis, uns zu ernähren, um zu leben. Aber Essen, wenn wir es gemeinsam täten, in der Familie oder unter Freunden, werde auch ein Ausdruck der Liebe, der Gemeinschaft, des Feierns: „Wie oft zeigen uns die Evangelien, dass Jesus diese gesellige Dimension lebt! So wie der Auferstandene, mit seinen Jüngern“. Das gehe so weit, dass das eucharistische Mahl zum emblematischen Zeichen der christlichen Gemeinschaft geworden sei. Den Leib Christi gemeinsam zu essen: das sei der Mittelpunkt der christlichen Botschaft.

Dieser Abschnitt aus dem  Evangelium sage uns, dass Jesus kein „Geist“ sei, sondern eine lebendige Person. Christsein „ist nicht in erster Linie eine Lehre oder ein moralisches Ideal, es ist die lebendige Beziehung zu ihm, zum Auferstandenen: wir schauen ihn an, wir berühren ihn, wir nähren uns an ihm und, verwandelt durch seine Liebe, schauen wir die anderen an, wir berühren und nähren sie als Brüder und Schwestern“.

Nach dem Mittagsgebet gedachte der Papst der angespannten Situation in der Ukraine, die sich in den letzten Tage verschärft hat.

 


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Lesermeinungen

Stefan Fleischer 18. April 2021: betr. Öl und Wein

@ Stock - Ich glaube, wir müssen hier nicht mehr wissen. Die Konsequenzen, welche ich daraus gezogen habe, finden Sie im verlinkten Text
@ Chris2 - Dieses Zitat fällt nicht unter irgendwelche Urheberrechte. Falls Sie mir dennoch ein kleines Honorar spenden wollen, so sage ich Ihnen das, was ein Freund von mir zu sagen pflegt, wenn ich ihn frage, was ich ihm schulde:
"Ein Ave für meine arme Seele!" Herzlichen Dank.

Chris2 18. April 2021: Lieber @Stefan Fleischer

"... dass es bei jeder Form der Barmherzigkeit nicht einfach darum geht, ein noch so gutes und schönes Pflaster auf die Wunde zu legen, dass es ohne die Reinigung der Wunde keine Heilung, kein Heil geben kann."
Weil die ungereinigt eiternde Wunde ein so eindrückliches Bild auch für den Zustand der Kirche im deutschsprachigen Raum ist, habe ich mir erlaubt, Sie zu zitieren.

Stock 18. April 2021: Sehr geehrter Herr Fleischer,

für mich ist klar, dass unser Herr damit eine bekannte antike Wundversorgung erwähnt. Genaueres kann ich Ihnen leider nicht sagen, bin aber fest überzeugt, dass es hierzu Quellen gibt.
Oder beziehen Sie Ihre interessante Frage auf einen evtl. enthaltenden theologischem Sinn?

Stefan Fleischer 18. April 2021: er verband seine Wunden

Was mir einmal bei der Betrachtung dieses Gleichnisses in den Sinn kam ist, dass es direkt vorher heisst: "goss Öl und Wein in seine Wunden". Warum wird so wenig danach gefragt, warum dies wohl exploizit werwähnt wurde?

www.stefanfleischer.ch/EINZELTEXTE/wunde.html

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