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Gesellschaft ohne christliche Identität. Die Orientierung fehlt - Leseprobe 4

30. Jänner 2021 in Buchtipp, 3 Lesermeinungen
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Burkhardt Gorissen beschreibt den momentanen Ist-Zustand der Welt, die durch ungesteuerte Migration und die Corona-Krise vor einer enormen Belastungsprobe steht. Leseprobe Teil 4


Linz (kath.net)

Leseprobe 4

Nunmehr bewegen wir uns in der tragischen Phase des Materialismus. Alles Höhere wird ins Lächerliche gezogen und von der Welt abgerückt. Wir stehen mitten im Elend des Menschen ohne Gott. Wegen der Leugnung göttlicher Gesetze und jeder religio fehlt jeglicher Halt. In den Augen der christophoben Elite steht der Glaube als Signatur des Illusionären im Abseits. Dadurch hat sich der Riss des Moralischen immer bedrohlicher auf das tägliche Leben ausgedehnt. Die Ausbrüche von Gewalt spiegeln nur wider, was einer Gesellschaft droht, die sich „jenseits von Gut und Böse“ eingerichtet hat, um selbst das Minimum allen Zusammenlebens, Kants kategorischen Imperativ, durch die Bespaßungsmühlen zu drehen. Werte, die noch in der Welt von 1970 etwas galten, sind heute obsolet. Schamgefühl ist uncool, Nächstenliebe nicht clever. Einstweilen verlieren sich die Argumente in der alten Politikmaxime „Teile und herrsche“. Vermehrt stellt sich die Frage nach dem Überdruss, der überall hinter den zerbröckelten Fassaden der Bürgerlichkeit lauert. Der Teufel „geht wie ein brüllender Löwe umher“.[1]

Mit dem Zweiten Golfkrieg 1990/91 begann die finale Planung eines politischen Herrschaftssystems, das der damalige US-Präsident George Bush als neue Weltordnung[2] bezeichnete. Spätestens mit der Corona-Katastrophe ist die Zielgerade erreicht. Die Welt scheint an ihr Ende gekommen zu sein. Jedenfalls bricht die alte Ordnung auseinander. Bushs Äußerung war alles andere als banal. Kriege, Chaos und Katastrophen gehören nun einmal zu den Gradmessern jeder Neuordnung. Richten wir den Blick zurück auf die letzte große ideenpolitische Trendwende, die Russische Revolution. Bereits kurz nach dem Roten Oktober bekannte Lenin, der Kampf gegen die Barbarei dürfe barbarische Methoden nicht fürchten. Die Schreckensbilder dieses Bildersturms sind noch gegenwärtig. Ein Scherbengericht der Vernunft. Statt der Errichtung eines menschengemachten Paradieses zeitigte die proletarische Revolution von 1917 keine besseren Ergebnisse als die bürgerliche Revolution knapp 130 Jahre zuvor. Folterungen, Massenhinrichtungen, Verfolgung und Einschüchterung durch die Geheimpolizei, Verschleppung nach Sibirien. Die Gehirnwäsche war eine der harmlosesten Strafen im kommunistischen Gulag, die Ermordungen politischer Gegner an der Tagesordnung. 20 Millionen Tote beflecken mit ihrem Blut die rote Fahne der Sowjets.[3] Soldaten trugen siegessicher die abgeschlagenen Köpfe von Popen auf ihren Bajonetten und der Oberste Sowjet feierte mit Hammer und Sichel, den Insignien Saturns. Der zaristische Teufel war mit dem bolschewistischen Beelzebub ausgetrieben worden, doch Armut und Unterdrückung blieben treue Begleiter des einfachen Volkes. Am Ende seines Lebens gab Lenin zu Protokoll: „Ich habe mich getäuscht. Ohne Zweifel war es nötig, eine Masse von Unterdrückten zu befreien; aber unsere Methode hat andere Unterdrückungen und schauderhafte Massaker zur Folge gehabt. [...] Es ist zu spät, umzukehren. Wir bräuchten zehn Franziskus von Assisi.“[4] Sollte Lenin tatsächlich zu dieser Einsicht gekommen sein, die ihm hier zugeschrieben wird, sie wäre zu spät erfolgt. Betrachten wir das Oktobergeschehen aus heutiger Perspektive, entdecken wir, dass wie bei der Französischen Revolution jedes Mal sämtliche Entwicklungsprozesse den Akteuren entglitten, so als ob im Hintergrund eine geheime Hand die Dinge steuern würde. Im Übrigen gilt auch für die technische Revolution der Grundsatz: „Die Revolution frisst ihre Kinder“ – darin gleicht sie, allegorisch gedacht, dem Trieb Kronosʼ oder Saturns.


Wie schnell sich die politische Gesamtsituation verändern kann, beweist ein Blick in die Geschichtsbücher. Anfang des Jahres 1989. Als die Vorbereitungen auf die Feierlichkeiten des vierzigjährigen Jubiläums der DDR-Gründung liefen, hätten die meisten, egal ob einfacher Bürger oder Mitglied der Nomenklatura, nicht geahnt, dass gegen Ende des Jahres der Staat, der eben noch gefeiert wurde, faktisch nicht mehr existieren würde. Manchmal schreiten Entwicklungen derart rapide voran, dass wir davon überrollt werden. Auch bei der gegenwärtigen globalen Entwicklung ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten. Aus einer am Anfang unterschätzten Krise können gefährliche Brandherde entstehen, bis hin zum Weltenbrand. Immer wieder wirken Missverständnisse als Brandbeschleuniger eines Konflikts. Die Entwicklung, die zum Ersten Weltkrieg führte, zeigt es.

Gegenwärtig korrelieren die diktatorischen Lustgefühle der Linken mit der Schaffung eines Heeres staatlich alimentierter Abhängiger auf Kosten des Mittelstandes, dessen Abschaffung mit allen Mitteln betrieben wird. Alexis de Tocqueville, der kritische Vordenker der modernen Demokratie, warnte bereits 1831 davor, dass die Demokratie in einen sozialistischen Kontrollstaat abdriften könnte: „Auf der einen Seite wächst die Freude am Wohlstand, auf der anderen bemächtigt sich die Regierung mehr und mehr aller Quellen des Wohlstandes.“[5] Selbst ein nicht auszuschließender Rückfall in die Barbarei wird vom angstgesteuerten, habgierverhafteten Citoyen goutiert. Fast scheint es, Tocqueville hätte in eine Glaskugel geblickt – jedenfalls weiter als viele unsere zeitgenössischen Staatsdenker und -lenker. Für ihn korrespondierte eine weltweite Demokratisierung mit einer Stärkung christlicher Werte und nicht mit deren Abschaffung: „Während Demokratie Gleichheit in Freiheit sucht, sucht Sozialismus Gleichheit in Einschränkung und Unterwürfigkeit.“[6]

 

[1] 1 Petr 5,8.

[2] In seiner Rede am 11. September 1990 vor beiden Kammern des Kongresses sagte US-Präsidenten George H. W. Bush (sen.) wörtlich: „Aus diesen schwierigen Zeiten kann unser fünftes Ziel – eine neue Weltordnung – hervorgehen …“, siehe George H. W. Bush: „Address Before a Joint Session of Congress“, 11. September 1990 (Memento vom 16. Januar 2011 in: Internet Archive).

[3] Vgl. Gunnar Heinsohn, Lexikon der Völkermorde, Rohwohlt Verlag, Reinbek 1998.

[4] „Grundkurs zum franziskanisch-missionarischen Charisma“, in: Marxismus – Lehrbrief 21, Teil 2, S. 22, https://www.ccfmc.net/die-franziskanische-spiritualitaet-neu-entdecken/materialien/download-der-materialien/vorschau?path=lehrbriefe%252Fdeutsch%252FLehrbrief_21-2.pdf.

[5] Alexis de Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika, Bd. 2, Fischer TB, Frankfurt 1956, S. 195.

[6] La démocratie et le socialisme ne se tiennent que par un mot, l’égalité; mais remarquez la différence: la démocratie veut l’égalité dans la liberté, et le socialisme veut l’égalité dans la gêne et dans la servitude. »Discours prononcé à l'assemblée constituante le 12 Septembre 1848 sur la question du droit au travail«, Oeuvres complètes d’Alexis de Tocqueville, vol. IX., https://fr.wikisource.org/wiki/%C5%92uvres_compl%C3%A8tes_d%E2%80%99Alexis_de_Tocqueville,_L%C3%A9vy/Discours_%C3%A0_l%E2%80%99Assembl%C3%A9e_constituante_sur_la_question_du_droit_au_travail.

kath.net Buchtipp
Gesellschaft ohne christliche Identität. Die Orientierung fehlt
Von Burkhardt Gorissen
Media Maria 2020 
176 Seiten 
ISBN: 9783947931231
Preis: Euro 17,50


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Lesermeinungen

golden 30. Jänner 2021: es waren genug Vorhersagen da

,aber die Leute waren eigenwillig- insofern nichts Neues.Neu ist zweifelsohne die technisch-wissenschaftliche Selbsterhöhung des Menschen über jedes natürliche Mass hinaus.Seit 1945 der Atomspaltung in einer Weltkriegswaffe mächtig, folgte im Mikrokosmos die DNA- Entschlüsselung.Gott, rette uns vor unseren größenwahnsinnigen Mächtigen !

Fink 30. Jänner 2021: @ leodorn - was wollen Sie sagen ?

Ich verstehe Ihren Beitrag nicht !
Was ist Ihre Grundaussage, Ihre These ?

leodorn 30. Jänner 2021: Zuviel Montage-Technik

Die Revolte des "Friedensfürsten" Schröder gegen Die Stabilisierung der Demokratie im Irak war Ursache für den Beginn des Domino-Prozesses, den Bush bis ins Detail (Kalifat mit Ortsangaben) vorhergesagt hat. Nur ein Punkt, aber ein wesentlicher. Dann kam Obama, und der Verhängnis vollendete sich mit dem Merkeljahr 2015.
LD

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