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25. Februar 2022 in Kommentar, 11 Lesermeinungen
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„Heute brauchen wir gerade diese Bewusstheit für die Scham, um an Leib und Seele zu gesunden.“ Gastkommentar der Religionspsychologin Martha von Jesensky
Zürich (kath.net) Der Historiker Volker Reinhart von der Universität Freiburg erklärt: Es gibt verschiedene Gründe, warum sich Menschen für Geschichte interessieren. Aber ein Grund liegt sicher darin, dass wir Bilder aus der Vergangenheit brauchen, um uns zu orientieren, um uns darin wiederzufinden. Auch in der heutigen Pandemie. Welche Bilder? Zur Erinnerung: Die Menschen waren während der großen Pest-Epidemie im 14. Jahrhundert, wie wir. Viele litten, einige versuchten die Krise mit allerlei Ausschweifungen, unter anderem mit sexuellen Orgien zu bewältigen. Wiederum andere gingen in die Kirche zu beten.
Nun wir befinden uns seit mehr als zwei Jahren in Corona-Pandemie. Zurzeit sinkt die Zahl der Infizierten kontinuierlich, wir nähern uns einem Durchseuchen der Gesellschaft, die Menschen freuen sich. (Stand 11. Februar 2022) Ist diese Pandemie vergleichbar mit der großen Pest des Mittelalters? fragen sich viele. Nein, sagt Volker Reinhart. Nach der großen Pest von 1348, starb ein Drittel der Bevölkerung. Das ist eine Mortalitätsrate, die die jetzige Pandemie um ein Vielfaches übertritt. Mit dem Abklingen der Pest kamen weite Bereiche des wirtschaftlichen und öffentlichen Lebens zum Erliegen. Die Menschen waren nach dem Ende der großen Krise nicht erleichtert, sondern erschöpft und in großer Not. Da kam keine Fröhlichkeit auf, die zu sexuellen Ausschweifungen animiert hatte, wie das ein Gerücht in sozialen Medien suggeriert. Aber auch kein Ausdruck der Dankbarkeit. Im Gegenteil: Die Menschen waren wütend, vor allem auf die Geistlichen, die ihnen keine Sakramente aus Angst vor Ansteckung spendeten.
Die sogenannten Pest-Sex-Orgien gab es bei denen, die sich leisten konnten während der großen Krise in ihre angenehme „Gegenwelten“, Villen und Landsitze, zurückzuziehen. Dort tobten sie sich aus nach dem Motto: „Lass uns den Tag genießen, es könnte der letzte sein“. In Giovanni Boccaccios berühmten „Decamerone“ finden sich zahlreiche Erzählungen darüber, der Autor war selber dabei. (Vgl. TA, 7. Februar 2022)
Scham und Versagen
Im Gegensatz zu früheren Jahrhunderten befinden wir uns heute nebst dem Prozess des Durchseuchens in einer Durchsexualisierung der Gesellschaft. Die öffentliche Zur-Schau-Stellung der vielfältigen sexuellen Orientierungen in Fernsehen, Theater, Medien usw., die früher als unanständig oder pervers galten, weil sie gegen die natürliche Ordnung der biologischen Sexualität verstoßen, ist normal geworden. Schamlosigkeit ist im Vormarsch.
Hier stellt sich für mich die Frage: Macht Schamlosigkeit „glücklicher“ oder freier? Während meiner Praxistätigkeit in Zürich konnte ich mindestens zwei Dutzend mir bekannte Persönlichkeiten aus dem Bereich der Politik, Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft dazu befragen. Frauen und Männer. Ergebnis: je erfolgreicher, intelligenter und mächtiger sie waren, desto mehr sexuell-triebgesteuert, desto weniger empfanden sie Scham bei ihren sexuellen Praktiken, die sich gegen die biblischen Anordnungen richteten. (Vgl. hier 1 Kor 6,9) Einigen wenigen konnte ich nach etwa 15 Jahren wieder begegnen. Bedingt durch unterschiedliche körperliche Beschwerden war die Dominanz ihrer früheren sexuellen Begierden verschwunden, sie schienen ängstlich und hilfsbedürftig.
Die reinigende Kraft der Scham
Scham ist, wie auch die Schamforscherin Andrea Köhler (2013) sagt, bereits in der Schöpfungsgeschichte verankert. Mit ihrer Entdeckung hat die Geschichte der Menschheit angefangen. Da gingen beiden (Adam und Eva) die Augen auf, und sie erkannten, dass sie nackt waren … „Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz.“ (Genesis 3,7)
Sexuelle Scham ist im Gegensatz zur Schamlosigkeit ein quellend-lähmendes Gefühl, Bloßgestellt-zu-Sein. Aber gerade diese Bewusstheit brauchen wir heute, um an Leib und Seele zu gesunden. Sie würde uns an die Worte Paulus erinnern: „Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? (1 Korinth 6,19)
Dr. phil. Martha von Jesensky (Foto) ist Religionspsychologin und praktizierende Katholikin. Die Schweizerin führte lange eine eigene Praxis in Zürich, ihren (Un-)Ruhestand verbringt sie in Matzingen TG.
Foto (c) Martha von Jesensky
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stephanus2 27. Februar 2022: Ja, Schamlosigkeit in den Familien..
..befördern wohl Missbrauch, und sie irritieren die Kinder, allen voran dann die Jugendlichen ! Hier sind auch Mütter anzuführen, die morgens spärlich bekleidet viel zu viel zeigend ihren pubertierenden Söhnen am Frühstückstisch gegenübersitzen. Gerade in amerikanischen Filmen - als ich diese noch angesehen habe - kommt das erstaunlich häufig vor. Es fehlt a) das natürliche Schamgefühl und b)Empathie in das Gefühlsleben der Kinder/Jugendlichen.
modernchrist 27. Februar 2022: modernchrist
Das natürliche Schamgefühl und die Platzierung der Genitalien an einen Ort, der normalerweise bedeckt und nicht sofort sichtbar ist,stellt einen großen Schutz auch vor sexuellem Missbrauch dar. Ich erinnere mich an einen Vater, der vor einigen Jahrzehnten zunächst stolz erzählte, dass er mit seinen kleinen Töchtern gemeinsam in der Wanne sitze. Ich meldete damals Bedenken an. Derselbe gestand später, dass er jetzt davon Abstand genommen habe, da das starke Interesse der Kleinen an seinen Sexualorganen ihn doch irritiert habe und zu unerwünschten Reaktionen geführt habe. Solche Kinder sehen nackte Männer, auch Exhibitionisten nicht als die Gefahr an, die wirklich entstehen kann für die Kinder. Unvermittelte Nacktheit und plötzliches Freilegen von Genitalien durch Erwachsene bedeutet für Kinder Alarmstufe eins! 14000 Missbrauchsfälle werden jährlich in unserem Lande angezeigt! Sie finden alle im ausserkirchlichen Umfeld statt. Schamlosigkeit in der Familie befördert Missbrauch!
edessa 26. Februar 2022: @KatzeLisa
Praktizierende Homosexuelle gibt es wenige Prozent in der Gesellschaft. Aber schauen Sie sich mal sonst so um. Voreheliches Zusammenleben so weit man schauen kann und dann noch verheirateter Mann mit verheirateter Frau nur nicht miteinander. Warum ist das hier kein Thema? Das soll nicht so schlimm sein?
SalvatoreMio 26. Februar 2022: Als erstmals die Geißel AIDS auftauchte -
was geschah damals? Sehr schnell wurden selbst in katholischen Schulen Kondome an die Schüler verschenkt. - Ob heute in den Fächern Religion und Sozialkunde das Thema "Keuschheit und Enthaltsamkeit" vorkommt - der sicherste Schutz gegen solche Seuchen? Man muss daran zweifeln. - Was der Staat uns nun anbietet, sieht man auf Plakaten an Ortseingängen, wo z. B. gedruckt steht: "Dein Ex juckt dich noch immer? Dann ab zum Arzt!" Zu sehen ist eine Frau, die sich im Schritt kratzt ...
KatzeLisa 26. Februar 2022: @edessa
Das kann nicht Aufgabe des Staates sein, das voreheliche Zusammenleben zu sanktionieren. Das ist allein die Aufgabe der Seelsorger.
Dabei finde ich die praktizierte Sexuelle Vielfalt weitaus anstößiger als das Zusammenleben eines Paares, das nicht verheiratet ist. Bereits in Kitas und Grundschulen erfolgt mit der Sexuellen Früherziehung ein Übergriff staatlicher Behörden. Weiter geht es in den weiterführenden Schulen und den Medien. Die öffentlich rechtlichen Sender sind angehalten, die sog. sexuelle Vielfalt abzubilden, kein Krimi ohne lesbische oder schwule Beziehung!
Die gegenwärtige politische Konstellation läßt auch keine Hoffnung aufkommen, daß sich daran etwas ändern wird, im Gegenteil. Auch die Parteien mit dem C halten sich dezent zurück, weil sie dem Mainstream hinterherlaufen.
Selbst die Mehrheit der Bischöfe biedert sich dem Zeitgeist an: an unserem Kirchturm hängt seit Wochen die Regenbogenfahne.
SalvatoreMio 26. Februar 2022: "Heute brsuchen wir gerade dieses Bewusstsein von Scham"
Ich finde die Aussage seltsam, weil ich meine, dass "Schamgefühl" uns zum Schutz in die Wiege gelegt wurde: ein unverbildetes Kind, das beim Lügen ertappt wird, senkt den Blick; bei Volksstämmen, die unbekleidet gehen/gingen, verhüllten Männer ihre Scham, wohl nicht nur aus Angst vor Verletzungen. - Das eingeborene Schamgefühl kann man sich aber auch "abtrainieren", worum unsere Gesellschaft sich seit Jahrzehnten bemüht. Vielleicht beginnt es schon, wenn Papa und Töchterchen gemeinsam in die Badewanne steigen.
edessa 25. Februar 2022: @adamo
Gut, dass Sie es ansprechen. Religionsunterricht sollte in den Schulen für alle Kinder verpflichtend sein.
Adamo 25. Februar 2022: Der Religionsunterricht wurde sträflich vernachlässegt.
Anstelle der Zehn Gebote Gottes wurde in den Schulen Sozialkunde gelehrt.
Kein Wunder, dass diese Kinder im Erwachsenenalter nicht mehr wissen, wie ein gottgewolltes christliche Leben praktiziert wird.
Selbst bei etlichen Bischöfen ist kein Bewußtsein mehr für die Zehn Gebote Gottes zu erkennen.
felis.catus 25. Februar 2022: @edessa
In Deutschland leben nach Wikipedia 83 Millionen Menschen, davon sind ca.29 Prozent katholisch. Nur für diese gilt der Katechismus, den man nicht für andere Religionen, Agnostiker und Atheisten verbindlich machen kann.
edessa 25. Februar 2022: Die größte Schamlosigkeit heutzutage
ist die zügellose voreheliche Sexualität der meisten jungen Menschen. So etwas sollte staatlicherseits streng sanktioniert werden, denn es ist laut Katechismus verboten.
girsberg74 25. Februar 2022: Wie brint man das Thema "Scham" in Teile der Kirche?
Es gibt ja nicht nur Scham im sexuellen Bereich, sondern auch Schamlosigkeit wie sie verschiedentlich wahrzunehmen ist, wenn einer sich mit dem überlieferten Glauben gegen die Machenschaften des Synodalen Weges wendet und dann die Leuchten ("Lichträger") eben dieses Weges ihre Masken fallen lassen.
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