Aktuelles | Chronik | Deutschland | Österreich | Schweiz | Kommentar | Interview | Weltkirche | Prolife | Familie | Jugend | Spirituelles | Kultur | Buchtipp
20. April 2023 in Kommentar, 3 Lesermeinungen
Artikel versenden | Tippfehler melden
Frag den Theologen – „Während dem Staat beispielsweise die Aufgabe zukommt, Meinungs- und Informationsfreiheit zu gewährleisten, muss und kann(!) die Kirche innerhalb ihrer Reihen zwar viele, aber sicher nicht alle Meinungen tolerieren.“
Salzburg (kath.net/Antonius) kath.net übernimmt den Beitrag von Pater DDr. habil. Dominikus Kraschl OFM aus dem „Antonius“ in voller Länge und dankt der Zeitschrift der österreichischen Franziskaner für die freundliche Erlaubnis zur Weiterveröffentlichung.
Eine Kritik an der katholischen Kirche lautet, sie inszeniere sich als Anwältin der Menschenrechte, verwehre diese aber ihren eigenen Mitgliedern, indem sie reproduktive Rechte wie künstliche Befruchtung oder Abtreibung ablehnt und außerdem Frauen diskriminiert. Was sagen Sie dazu? (Hubert M., 51)
P. Dominikus: Das Verhältnis von katholischer Kirche und modernen Menschenrechten blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Einerseits war das katholische Naturrechtsdenken ein Wegbereiter der modernen Menschenrechte. Andererseits geriet die katholische Kirche in Opposition zur Menschenrechtsauffassung der französischen Revolution, die an ein totalitäres Staatskonzept geknüpft war.
Ab dem 19. Jahrhundert kam es zu einer Annäherung. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Kirche zur Anwältin der Menschenrechte und unterstützt seitdem ihre politische Verankerung und Durchsetzung.
Das Doppelgesicht der modernen Menschenrechte
Die Kirche sieht sich aber auch in der Verantwortung, den Menschenrechtsdiskurs kritisch zu begleiten. So erwies sich die neuere Rechtsauslegung der Menschenrechtsgerichtshöfe aus kirchlicher Sicht zum Teil als problematisch. (Zu dieser Problematik vergleiche: „Der denaturierte Mensch und seine Rechte“ von Gregor Puppnick, Berater des Hl. Stuhls in Sachen Menschenrechtspolitik.)
Die modernen Menschenrechte haben ein Doppelgesicht: Sie verstehen sich als moralische und als politische Rechte. Als moralische Rechte sind sie „angeborene“, d. h. mit dem Menschsein gegebene, jeder Vereinbarung vorausliegende Rechte. Indem ein Staat die Menschenrechte als politische Rechte anerkennt, verpflichtet er sich dazu, seine Herrschaftsgewalt zu begrenzen, indem er die natürlichen Rechte seiner Bürger gewährleistet.
Kirchenkritik mit Berufung auf die Menschenrechte?
Die obige Kritik, der zufolge die katholische Kirche ihren eigenen Mitgliedern Menschenrechte verwehre oder sie in ihren eigenen Reihen nicht gewährleiste, beruht aus mindestens drei Gründen auf einem Missverständnis:
Erstens ist der vorrangige Adressat und Garant der Menschenrechte der (weltanschauungsneutrale) Staat. Während dem Staat beispielsweise die Aufgabe zukommt, Meinungs- und Informationsfreiheit zu gewährleisten (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte [im Folgenden: AEMR] Art. 19), muss und kann(!) die Kirche innerhalb ihrer Reihen zwar viele, aber sicher nicht alle Meinungen tolerieren. Das hängt damit zusammen, dass die Kirchenmitgliedschaft an weltanschauliche Überzeugungen geknüpft und außerdem freiwilliger Natur ist.
Zweitens ist nicht alles ein Menschenrecht, was bisweilen als solches behauptet wird. Beispielsweise verstößt Abtreibung gegen das fundamentale Menschenrecht auf Leben (AEMR Art. 3). Sie ist deshalb kein (reproduktives) Menschenrecht, sondern vielmehr ein moralisches Unrecht. Staaten, die die Abtreibung legalisieren, verletzen mithin die Menschenrechte. Die anderen oben genann-ten „reproduktiven Rechte“ sind ebenfalls keine Menschenrechte: Es gibt zwar ein Menschenrecht auf Eheschließung und Familiengründung (AEMR Art. 16), aber kein Recht auf ein Kind und damit auch kein Recht auf Adoption oder künstliche Befruchtung.
Drittens gibt es ein Menschenrecht auf Religionsfreiheit (AEMR Art. 18). Es schließt das Recht einer Religionsgemeinschaft ein, sich selbst zu organisieren. Aus diesem Grund lässt sich der Kirche nicht vorwerfen (etwa im Sinn von AEMR Art. 2), sie würde Menschen diskriminieren, weil sie für das kirchliche Weiheamt, das sich nach ihrem Verständnis göttlicher Einsetzung verdankt, Zulassungs-bedingungen vorsieht, die für öffentliche Ämter im Staat nicht gelten. Ebenso wenig verstößt die Kirche gegen das Diskriminierungsverbot, wenn sie die Ehe für alle oder ein entsprechendes Adoptionsrecht ablehnt. Die Ehe ist nach kirchlichem Verständnis nämlich ihrem Wesen nach eine Verbindung von Mann und Frau.
Die Stimme der Kirche im Menschenrechtsdiskurs
Es besteht heute die Gefahr, den Begriff der Menschenrechte zu einem Containerbegriff und da-mit zu einer Projektionsfläche für das jeweils eigene Menschenbild und Rechtsverständnis zu machen. Wenn die Kirchen ihre Stimme in den Menschenrechtsdiskurs einbringen, dann nicht nur, um die Menschenrechte zu verteidigen oder einzufordern, sondern bisweilen auch, um ihrer ideologischen Vereinnahmung und politischen Verzweckung zu wehren. Eine solche Form der Ideologiekritik, die sich auf das christliche Erbe stützt und es unter den Vorzeichen der Gegenwart zur Geltung bringt, scheint heute wieder vermehrt an Bedeutung zu gewinnen.
Pater Dr. Dr. habil. Dominikus Kraschl OFM (siehe Link) lehrt Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz
Symbolbild (c) kath.net
Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!
Zeitzeuge 21. April 2023: Die richtig verstandenen Menschenrechte fußen auf dem Naturrecht
und dem von GOTT geoffenbarten Recht.
Werden sie rechtspositivistisch aus diesem
Kontext gelöst, sind sie einem politisch
bedingtem Zeit(un)geist verfallen; unsere
traurige Gegenwart bietet genug Beispiele
dafür.
Beisp. "Meinungsfreiheit":
Es gibt kein "Recht" zu lügen, GOTT läßt das zwar
wegen der Freiheit des Menschen zu, bestraft es
aber auch wegen des sündhaften Charakters, der
jeder bewußten Lüge innewohnt.
Aber auch der Staat bestraft durchaus Lügen,
z.B. die Leugnung der Ermordung der Juden durch
die Nazis, oder Falschaussagen vor Gericht um nur
zwei Beispiele zu nennen.
Die "Meinungsfreiheit" in der Kirche hate ihre
Grenze in der verbindlichen Glaubens- und Moral-
lehre, Lehrabweichler begehen die schwere Sünde
der Häresie, welche nach dem kirchl. Straf-
recht zu bestrafen ist (Exkommunikation), hart-
näckige Häretiker, die reuelos versterben, werden
von GOTT mit dem ewigen Heilsverlust in der Hölle
bestraft, die entsprechenden Schriftstellen setze
ich als bekannnt voraus!
Väterchen Frost 20. April 2023: Uwe Lay
Ich weiß nicht, ob dieser Schluss gezogen werden kann. Selbst Gott respektiert die Meinungsfreiheit des Menschen, was nicht heißt, dass er alle Meinungen teilt.
Uwe Lay 20. April 2023: Vorsicht: Menschenrechte!
Niemand dürfe wegen seiner Religion diskriminiert werden. Bejahte das die Kirche, müßte sie lehren, daß Gott selbst die Glaube, die Religion eines Menschen in seinem Gericht gleichgültig sei, wenn sie nicht einen Gott verkündigen will, der die Menschenrechte mißachtet!
Uwe Lay Pro Theol Blogspot
Um selbst Kommentare verfassen zu können nützen sie bitte die Desktop-Version.
© 2025 kath.net | Impressum | Datenschutz