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„Lebt nicht mit der Lüge!“

4. Mai 2023 in Buchtipp, 25 Lesermeinungen
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Was kann man gegen den "sanften Totalitarismus" heute machten? Familie + Kleine Gemeinschaften u.a. - "New York Times"-Bestseller von Rod Dreher jetzt in deutscher Sprache - Neben dem SEEWALD-Benedikt-Buch ein MUST-HAVE-Buch für 2023 - Von Roland Noé


Linz (kath.net/rn)

„Lebt nicht mit der Lüge!“. So heißt das neue „New York Times-Bestseller“-Buch von Rod Dreher, dem bekannten US-Autor der „Benedikt-Option“. Dreher macht in dem großartigen Buch den „sanften“ Totalitarismus, der sich im Westen entwickelt hat und mit dem bisherige Institutionen und Traditionen verdrängt werden sollen, zum großen Thema. Christen und Konservative und Andersdenke werden seit Jahren ausgegrenzt. Auch die neuen Technologien, die de facto ein Überwachungssystem ermöglichen, kritisiert Dreher. Diese werden akzeptiert, weil die Menschen nach Konsum und Bequemlichkeiten streben.

„Und was ist, wenn die alte tschechische Frau etwas erkennt, was wir Übrigen nicht erkennen? Was ist, wen wir in den westlichen liberalen Demokratien tatsächlich eine Wende zum Totalitarismus erleben und dies nicht erkennen, weil er in einer anderen Form daherkommt als der frühere?“ , schreibt Dreher zu Beginn und legt ein Buch vor, indem zahlreiche Stimmen aus dem Osten und dem dortigen Widerstand gegen den Kommunismus zu Wort kommen. Diese Menschen haben aufgrund ihrer Erfahrung einen anderen Sensus für die Gefahr, die am Horizont ist. Viele bei uns seien blind gegenüber der wachsenden Bedrohung unserer Freiheit.

Was passiert derzeit? Dreher schreibt dazu:„ Ein zutiefst antichristlicher Kampfgeist greift in der Gesellschaft stetig um sich, der von Papst Benedikt XVI. als „weltweite Diktatur scheinbar humanistischer Ideologien“ beschrieben wurde, die Andersdenkende an den Rand der Gesellschaft drängt. Dies bezeichnet Benedikt XVI. als Manifestation der ‚geistigen Macht des Antichrist‘. „Der alte, strenge Totalitarismus hatte eine Vision für die Welt, die die Auslöschung des Christentums erforderte. Der neue, sanfte Totalitarismus verhält sich genauso, und wir sind nicht gerüstet, diesem heimtückischen Angriff zu widerstehen.“

Doch was ist ein „sanfter Totalitarismus“? Dieser Totalitarismus ist „therapeutisch“ und verberge seinen Hass auf jene, die seine utopische Ideologie ablehnen, unter dem Deckmantel von „Hilfe und Heilung“. Dreher zitiert dazu auch die jüdische Philosophin Hannah Arendt, die davon spricht, dass in einer totalitären Gesellschaft versucht werde, alle vorherigen Traditionen und Institutionen zu verdrängen mit dem Ziel, alle Aspekte der Gesellschaft unter die Kontrolle dieser Ideologie zu bringen. „Ein totalitärer Staat strebt nichts weniger an, als die Wirklichkeit zu definieren und zu kontrollieren. Diejenigen, die an der Macht sind, entscheiden, was wahr ist.“

Rod Dreher stellt dazu fest: „Der Totalitarismus unserer Tage verlangt Übereinstimmung mit einer Reihe von fortschrittlichen Ideen, von denen viele mit der Logik inkompatibel sind – und ganz gewiss mit dem Christentum. Die Konformität wird weniger vom Staat erzwungen als von Eliten, die die öffentliche Meinung bestimmen, und von Privatunternehmen, die mithilfe der Technologie unser Leben weitaus mehr kontrollieren, als wir einzuräumen bereit sind.“

Der heutige „linke Totalitarismus“ appelliere besonders an das starke Verlangen nach einer gerechten Gesellschaft, die die historische Opfer der Unterdrückung der Vergangenheit rehabilitieren und befreien möchte. Dieser präsentiere sich in Form von „Freundlichkeit“ und dämonisiere Andersdenkende und missliebige demografische Gruppen, um die Gefühle der „Opfer zu schützen und so soziale Gerechtigkeit zu schaffen.“.

US-Soziologe und Kulturkritiker Philipp Rieff, der kein religiöser Mensch, ist, hat bereits in seinem Buch „Triump of the Therapeutic“ das Wesen der Kulturrevolution durchschaut, die den Westen im 20. Jhdt. in Beschlag nahm.  „An die Stelle des religiösen Menschen, der sein Leben nach seinem Glauben und den transzendenten Prinzipien ausgerichtet hat, die das menschliche Leben innerhalb des Gemeinwohls regelten, ist der psychologische Mensch getreten, der glaubt, dass es keine transzendente Ordnung gebe und dass der Sinn des Lebens darin bestehen würde, seinen eigenen Weg auf experimentelle Art und Weise zu finden. … Diese Revolution war sogar noch radikaler als die bolschewistische von 1917“, schreibt Rieff.  

Was soll ein Christ in dieser Gesellschaft machen? Rod Dreher schreibt dazu: „Die Aufgabe des christlichen Dissidenten liegt heute darin, sich persönlich zu verpflichten, nicht mit der Lüge zu leben. Wie kann er das allein schaffen? Er muss sich eine authentische geistliche Begleitung suchen – durch Geistliche, Laien oder beide – und muss kleine Zellen von Brüdern und Schwestern im Glauben bilden, mit denen er beten, singen, die Schrift studieren und andere Bücher lesen kann, die für die gemeinsame Arbeit wichtig sind.“

Die Linke dringe derzeit in alle Bereiche des Persönlichen ein und lässt immer weniger Bereiche des Lebens unangefochten. Laut Arendt sei dies ein Zeichen, dass eine Gesellschaft reif für den Totalitarismus sei, denn das das Totalitäre bestehe im Wesentlichen in der Politisierung von allem. Die jüdische Philosophin, die von Dreher erneut zitiert wird, hat in ihrer Analyse darauf hingewiesen, dass die Totalitarismus-Erfahrung des 20. Jahrhunderts gezeigt haben, wie es einer entschlossenen und geschickten Minderheit gelingen kann, über eine gleichgültige und apathische Mehrheit zu herrschen.


Doch die Lage sei nicht hoffnungslos. „Wir wissen nie, wann in der Geschichte Gestalten wie Lech Walesa, Alexander Solschenizyn, Karol Wojtyla, Vaclav Havel und weniger bekannte Helden des Widerstands auftauchen werden. Sie sind für Wahrheit und Gerechtigkeit aufgestanden, nicht weil sie einen zu ihren Lebzeiten erreichbaren Sieg erwarteten, sondern weil es richtig war, dies zu tun“, schreibt Dreher und erinnert daran, dass die Christen als das größte noch verbleibende Hindernis auf dem großen Marsch betrachtet werden.

Zu Wort kommt dann im Buch die Tschechin Kamila Bendowa, sie gehört zur Widerstandsbewegung in Tschechien. Bendowa erinnert daran, dass man, um frei zu bleiben, um die Wahrheit sagen zu können, sich einen ungestörten privaten Bereich schaffen müsse. Als große Gefahr sieht Dreher auch eine bargeldlose Gesellschaft. Damit könne eine Staat Dissidenten umgehend in den Ruin treiben. Der Autor sieht auch die Facebook-Instagram-TikTok-Kultur äußerst kritisch. „Heute leben die jungen Leute in der Illusion – keine ist vermutlich größer als diese - , Teil eines realen Netzwerks zu sein. In Wirklichkeit wird durch diese Technologie und die daraus entstanden Kultur die Atomisierung und radikale Vereinigung verstärkt, die totalitäre kommunistische Regierungen den von ihnen unterjochten Völkern auferlegten, um sie leichter kontrollieren zu können.“

Im zweiten Teil des Buches geht es darum, wie es möglich ist, in der Wahrheit zu leben. „Es liegt an uns, die Herausforderungen anzunehmen, nicht mit der Lüge zu leben und die Wahrheit auszusprechen, die das Böse besiegt.“ Man müsse ein Leben außerhalb des Mainstreams führen und mutig die Wahrheit verteidigen und auch bereit sein, die Konsequenzen zu tragen. „Die Verteidigung des Rechts, frei zu reden und zu schreiben, auch wenn es den Betreffenden teuer zu stehen kommt, ist die Pflicht jedes freien Menschen. Political Correctness ist ein Ärgernis, denn diese Lügen verderben die Fähigkeit, klar über die Realität nachzudenken.“

Dreher ruft in seinem Buch dann die Leser dazu auf, den Kindern beizubringen, wie man Lügen erkennt und wie man sich ihnen widersetzt. „Tun Sie Ihr Möglichstes, nicht an der Lüge beteiligt zu sein – weder um berufliche Vorteile willen noch wegen des persönlichen Status oder irgendwelcher sonstigen Gründe.“

In einem weiteren Kapitel geht es um das Pflegen des „kulturellen Gedächtnisses“. „Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft. Wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit“. „Die Gräuel des Kommunismus zu vergessen, ist schon schlimm genug. Noch gefährlicher ist die Gewohnheit, die eigene Vergangenheit zu vergessen.“  Der tschechische Schriftsteller Milan Kundera meinte einmal, dass heute niemand die Gulags verteidigen werde, die Welt sei aber voll von gutgläubigen Anhängern falscher utopischer Versprechungen, durch die die Gulags entstehen.“  „Wer nicht weiß, was vor seiner Geburt geschehen ist, wird für immer ein Kind bleiben“, meinte einmal Cicero. Dreher warnt, dass ein kollektiver Verlust des „historischen Gedächtnisses des Westens“ zwangsläufig verheerende Auswirkungen auf die Zukunft haben werde. „Der Akt des Vergessens macht uns anfällig für den Totalitarismus im Allgemeinen.“ Man müsse nicht nur an den Totalitarismus erinnern, sondern man müsse vor allem sich daran erinnern, wie dagegen Widerstand geleistet wurde.

Dreher schreibt dazu auch: „Alles an der modernen Gesellschaft ist darauf ausgerichtet, die Erinnerung – historisch, sozial und kulturell – zu erschweren. Die Christen müssen dies begreifen, nicht nur um den sanften Totalitarismus zu widerstehen, sondern auch um ihren Glauben an die nächste Generationen weiterzugeben.“ Und: „Je totalitärer ein Regime ist, desto mehr wird es versuchen, die Menschen zu zwingen, ihre kulturellen Erinnerungen zu vergessen.“

Das Wesen der Moderne besteht laut dem Autor in der Leugnung irgendwelcher transzendenter Haltungen, Strukturen, Beschaffenheiten oder Glaubensvorstellungen, in die sich der Einzelne fügen muss und die für unser Verhalten verbindlich sein sollten. Dreher fordert die Leser dann auf, kleine Festungen der Erinnerungen zu erreichten.

Zu Wort kommt dann im dem Buch dann Pawel Skibinski, der Leiter des Warschauer Johannes-Paul-II. Museums. Dieser erinnert daran, dass es in Polen beim Widerstand gegen den Kommunismus genau zwei starke Säulen gab: Die Kirche und die Familien. „Das Problem ist, dass solche Tendenzen jetzt aus dem Westen kommen, zu dem wir immer aufgeschaut und als sicheren Ort betrachtet haben. Was wir jetzt wahrnehmen, ist der Versuch, die letzten erhaltenen gebliebenen Gemeinschaften dort zu zerstören: die Familie, die Kirche und die Nation. Das verbindet den Liberalismus mit der kommunistischen Theorie“, erklärt Skibinski.

Doch wie konnten die Menschen im Kommunismus bestehen und diesen überleben? Es gab zwei Zufluchtsorte: Die Familien und kleine Glaubensgruppen. Rod Dreher schreibt dann, dass auch weniger formelle Alltagsrituale zu Hause wichtiger seien, als man es sich vorstellen könne. „Wie Christen über Gott reden und die Geschichten aus der Bibel und der Kirchengeschichte in das häusliche Leben integrieren, ist von immenser Bedeutung, gerade weil diese Dinge so alltäglich sind. Damit trainieren wir das kulturelle Gedächtnis der Kinder und der Eltern.“ Wichtig sei auch die Ausdrucksweise, die Christen verwenden und auch die Art, wie wir zusammen beten, sowie die Symbole, die wir verwenden, um die Bedeutung in konkreter Form in Worte zu fassen, und von Generation zu Generation weiterzugeben. „Wir mögen nicht in der Lage sein, diese Bedeutung einer Welt zu vermitteln, die verrückt geworden ist, aber, wie Orwell wusste, indem wir vernünftig bleiben, während alle anderen verrückt sind, können wir hoffen, das menschliche Erbe weiterzugeben.“

Im wichtigen Kapitel 7 des Buches beschreibt Dreher dann die Familien als Zellen des Widerstands. Zu Wort kommt dort unter anderem die die Familie Benda aus Prag. Vaclav Benda, das inzwischen verstorbene Familienoberhaupt, war Sprecher der berühmten Charta 77 und Freund von Vaclav Havel. Gemeinsam mit seiner Frau Kamila waren sie die einzigen gläubigen Christen in der Bewegung. Kamila erinnert daran, dass traditionelle Familien, die heute im liberalen Kapitalismus leben, genau wissen, dass der linke Angriff auf die traditionelle  Ehe und Familie mit der sexuellen Revolution in den 1960er Jahren im Westen begann.

Vaclav Benda hat früh begriffen, dass eine Familie als Gemeinschaft nicht überleben könne, wenn nicht eines ihrer Mitglieder das Haupt das Zentrum ist. „Die christliche Aussage ist klar und einfach: Christus muss die wahre Mitte sein.“  Eine Familie muss ein wirkliches Heim sein und ein Ort, an dem es sich leben lässt. Diese müsse auch von der Außenwelt geschützt werden und ein Ort sein, mit der Gewissheit eines sicherer Rückkehr, ein „Hafen in einer herzlosen Welt.“ „Die Familie existiert nicht nur für sich allein,  sondern an erster Stelle für Gott und dann für die Gemeinschaft im weiteren Sinne – als eine Familie unter anderen Familien“, so Benda, der für seine Überzeugung auch ins Gefängnis musste.

Patrick, einer seiner Söhne, betont gegenüber Dreher, dass die Eltern unsere Helden waren. „Mein Vater war der Sheriff aus dem Western Zwölf Uhr mittags.“ Vaclav Benda brachte seinen Kindern bei, wie sie ihre Umwelt besser deuten und Menschen und Ereignisse im Sinne von „richtig“ und „falsch“ einordnen konnten. Er ließ auch nicht zu, dass sie in Unwissenheit oder Gleichgültigkeit abdrifteten. „Durch den Film Zwölf Uhr mittags wurde uns der Weg aufgezeigt, wie wir gegen das Böse kämpfen können“, so Patrick Benda. Unter anderem war dieser Film für die Bendas eine Möglichkeit, ihre Kinder auf den Widerstand als Christen vorzubereiten.

Kamila Benda selbst wählte Bücher, um die Kinder widerstandsfähig zu machen. Täglich las sie den Kinder 2-3 Stunden vor und eines Buch stand bei den Bendas besonders im Mittelpunkt: Der Herr der Ringe von Tolkien. Das war laut Patrick der Eckpfeiler der gesamten Vorstellungskraft der Familie. Doch warum Tolkien? „Weil wir wussten, das Mordor ganz real war. Wir spürten, dass diese Geschichte, die der Hobbits und anderer, die dem bösen Sauron widerstanden“, „auch unsere Geschichte war. Tolkiens Drachen sind realer als eine Menge Dinge, die es in dieser Welt gibt.“ Kamila Benda hatte den Kindern gleich sechsmal den „Herr der Ringe“ vorgelesen. Ein anderer Sohn erklärte, dass es so wichtig sei, Kinder mit Geschichten in Berührung zu bringen, die ihnen helfen, den Unterschied zwischen Wahrheit und Unwahrheit zu erkennen, und sie zu lehren, genau dies auch im wirklichen Leben wahrzunehmen.

Ein wichtiges Thema im Buch ist dann auch der polnische Priester Jerzy Popieluszko, der von den Kommunisten ermordet wurde und inzwischen selig gesprochen ist. Dreher fragte sich, woher der Mann diese Stärke hatte und stellte fest, dass die Antwort ganz einfach sei. Die ganze Stärke von Jerzy begann in einem kleinen Haus in einem langweiligen Dorf im Schoße einer Familie, die gemeinsam betete. Dreher schreibt dazu: „Tertullian, einer der früheren Kirchenlehrer, der seine Schriften unter der Christenverfolgung verfasste, sagte bekanntlich, dass die Bereitschaft der Märtyrer zum Leiden – sogar bis in den Tod – in die Herzen der Menschen die Liebe zu Gott einpflanzt. Das mag richtig sein, aber wie die Familiengeschichten der Bendas, Sipkos, Popieluszkos und so vieler anderer, die den Kommunismus überstanden haben, zeigen, ist die Liebe der Mütter und Väter der Samen der Kirche.“

Der Autor warnt die Christen, die Macht der Familie zu unterschätzen. Man müsse im aufkommenden „sanften Totalitarismus“ sich noch viel konzentrierter und ernsthafter um das Familienlieben kümmern. Die traditionelle christliche Familie ist in einer Zeit der Verfolgung einer „Überlebensstrategie für den Glauben“. „Christliche Familien müssen sich im Laufe der Entwicklung der Familie bewusst gegen die herrschende Kultur stellen. Die Tage, in denen man leben konnte wie alle anderen in der Hoffnung, dass alles für unsere Kinder gut ausgehen würde, sind vorbei.“ Die Gemeinschaft kleiner Gruppen sei entscheidend für den Aufbau eines wirksamen christlichen Widerstands gegen den Totalitarismus.

Im achten Kapitel des Buches thematisiert Dreher den wichtigen Bereich der Religion an sich. Er stellte fest, dass er bei allen Christen, die im Widerstand gegen den Kommunismus sich engagiert hatten, ein tiefer Frieden feststellbar sei. Für Dreher stehe fest, dass eine Zeit schmerzhafter Prüfungen und Verfolgungen bevorstehe. „Lauwarme oder oberflächliche Christen werden den Glauben nicht unbeschadet bewahren können. Heute müssen die Christen sich stark mit der Bibel und der Tradition der Kirche befassen“, so Dreher. Jesus möchte auch keine Bewunderer, sondern Nachfolger.

Im neunten Kapitel werden die kleinen Gemeinschaften das große Thema. Diese kleinen Gruppen können ein pastoraler Rettungsanker sein. „Die Erfahrungen der Kirche unter dem Kommunismus und ein aufmerksames Wahrnehmen der Zeichen der Zeit sagen uns, dass alle Christen – unabhängig davon, welcher Kirche sie angehören – damit beginnen sollten, solche Zellen zu bilden – nicht nur um das geistliche Leben ihrer Mitglieder zu vertiefen, sondern um den aktiven Widerstand einzuüben“ , schreibt Dreher und rief dazu auch auf, diese jetzt zu organisieren, solange es noch möglich sei. „Nach meinem Verständnis ist das im Moment der Kern, das Wichtigste von allem: Gemeinschaften und Netzwerke von Gemeinschaften zu bilden.“ Wichtig sei, dass die Mitglieder dieser Gemeinschaften sich gegenseitig unterstützen, unabhängig von dem, was komme.

Diese Leiter der kleinen Gruppen müssen auch bereit und fähig sein, katechetische, geistliche und organisatorische Aufgeben wahrzunehmen, die normalerweise von kirchlichen Amtsträgern übernommen werden.

Im letzten und erschütternden Kapitel 10 geht es schließlich um das Thema "Leiden". Dort werden einige unfassbare Geschichten von Verfolgten erzählt. „Wenn wir heute nicht fähig sind und willens sind, in den relativ kleinen Prüfungen, denen wir jetzt ausgesetzt sind, treu zu bleiben, gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass wir imstande sein werden, in Zukunft eine ernsthafte Verfolgung zu ertragen.“ Man müsse für die Wahrheit leiden, denn dadurch werde man authentisch. „Wenn ich nicht zum Leiden bereit bin, könnte meine Wahrheit genauso gut nur eine Ideologie sein.“  Solschenizyn meinte später nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis: „Sei gesegnet, Gefängnis, dass du in meinem Leben gewesen bist.“ Dieses Leiden habe ihn geläutert und ihn lieben gelehrt. Nur dadurch habe er den Sinn des Lebens verstanden und zum ersten Mal in sich das Gute verspürt.

„Der Glaube der Märtyrer und Bekenner wie jener Menschen, die überlebten, um Zeugnis abzulegen, ist bei Weitem nicht zu vergleichen mit der therapeutischen Religion der Mittelklasse-Vororte, der Predigten der politisierten Gemeinden von links und rechts und  der Gesundheits- und Wohlstandsbotschaft der ‚Wohlstandsevangeliumskirchen‘. Diese und andere schwache Formen des Glaubens werden bei der geringsten Verfolgung schnell verschwinden“, schreibt Dreher am Ende des Kapitels und fordert die Leser auf, den Kindern diese Geschichten der Märtyrer zu erzählen. Diese Geschichten seien das Wesentliche der gelebten christlichen Erfahrung und bilden einen wichtigen Teil des „kulturellen Gedächtnis“ der Christen.

„Lebt nicht in der Lüge“. Der Titel des Buches stammt übrigens aus der Abschiedsrede von Solschenizyn an das russische Volk, bevor er ins Gefängnis ging. Rod Dreher schreibt am Ende seines Buches: „Unsere Sache scheint verloren zu sein… aber wir sind noch da! Unsere Aufgabe ist es jetzt, im Untergrund den Widerstand gegen die Besatzung aufzubauen, um die Erinnerung wachzuahlten, wer wir waren und wer wir sind, und das Feuer der Sehnsucht nach dem wahren Gott zu schüren. Wo es Erinnerungen und Sehnsucht gibt, da gibt es Hoffnung."

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Lebt nicht mit der Lüge!
Rod Dreher
272 Seiten
2023 Media Maria
ISBN: 978-3-947931-48-4
Preis Österreich: 22,70 Euro

 

Vortrag von ROD DREHER - Rod Dreher | Culture, Christianity, and the Fate of the West | NatCon Brussels

 

 


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Lesermeinungen

bibelfreund 3. Mai 2023: Spitzenklasse

Kern der klerikal-grünen Revolution ist die Zerstörung der Familien — mit erfolg….

Everard 3. Mai 2023: kant3

Absolute Zustimmung! wobei es neben dem Alarmismus auch diesen Hang zum ganz übertriebenen Empörungsdrama gibt. Im Prinzip ist es dieselbe Struktur wie bei jenen Gruppen, die "Danube Institute" (dort wo Dreher nun fellow ist) als woke und dergleichen bezeichnen.

Steve Acker 3. Mai 2023: Fazit

Wir sind auf dem Weg zu einer Diktatur.
Sicher noch nicht so weit, wie zb. in china.
Aber auf dem Weg.

Das Social Credit System wird auch angestrebt.
Wer auf Linie ist, wird belohnt. Wer zb. Regierungsmaßnahmen kritisiert, verliert ganz schnell seine social credit punkte.


passend zum Totalitarismus auch die Meldung dass in Deutschland der Staat journalisten bezahlt.

Und auch immer mehr Meldeportale, wo man anonym melden kann, wenn man meint dass jemand gegen etwas verstösst.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat sowas eingerichtet.
Das bundesfamilienministerium
Greenpeache
Die deutsche Umwelthilfe

Diktaturen leben vom Denunziantentum

Steve Acker 3. Mai 2023: Kant3 fortsetzung

In Deutschland wurde der Tatbestand der „Staatsdelegitimierung“ geschaffen. Wenn man den Staat oder seine Organe scharf kritisiert kann man juristisch belangt werden. Das ganze schön schwammig formuliert. So kann man es sich immer zurecht legen wie es einem passt.

Der Staat trachtet sehr wohl immer mehr danach, das ganze Leben der Menschen zu kontrollieren.
Jüngstes Beispiel: das Habeck sche Heizungsgesetz, mit dem den Menschen genau vorgeschrieben wird, wie sie ihre Wohnung heizen sollen.

Steve Acker 3. Mai 2023: Kant3

Ihre Definition von Totalitarismus ist ein bischen arg vereinfacht.
Es gibt zahlreiche Meinungen und Diskussionen über Totalitarismus und welche Kriterien
diese ausmachen.
Auch ist Totalitarismus sicher kein statischer Zustand sondern kann immer mehr erweitert
und intensiviert werden. Besonders mit den heutigen technischen Möglichkeiten, von denen
frühere Diktaturen nur träumen konnten.

Wer in Deutschland den rot-grün-woken Mainstream widerspricht, begibt sich sehr wohl in Gefahr, z.B gesellschaftlich oder wirtschaftlich zerstört zu werden, oder man kann auch im Gefängnis landen , wie Michael Ballweg , Kritiker der Corona-Maßnahmen. Es wurde ihm eine fadenscheinige Geschichte angehängt. Auch das eine Methode mit der Diktaturen arbeiten.

Der selbstständige , kritische Journalist Reitschuster, wurde aus der Bundespresse ausgeschlossen.
Banken haben ihm die Konten gekündigt ohne Angabe von Gründen, und anderes mehr.

kant3 2. Mai 2023: Sind westliche Gesellschaften totalitär? ... Daraus folgt: NEIN!

Eine Antwort auf die Frage, ob westl. Gesellschaften totalitär sind, findet man nur, wenn man weiß, was totalitär bedeutet.

Hier ein knapper Versuch: eine Gesellschaft ist totalitär, wenn eine Gruppe, die die Macht erringt,
1. nicht mehr bereit ist, ihre Macht zur Disposition zu stellen ...
... und ihre Ideologie ...
2. ohne Gefahr nicht mehr in Frage gestellt werden kann, und ...
3. das ganze Leben vollkommen bestimmen soll.

Ist das in unseren westl. Gesellschaften der Fall? Antwort:
- keine Weigerung, Macht zur Disposition zu stellen,
- keine Gefahr beim In-Frage-stellen,
- kein Bestimmt-Werden des ganzen Lebens.
Daraus folgt: NEIN! Aber vielleicht ein bißchen ... sanft ... subtil? Mag sein, aber die Gefahr des Totalitarismus ... das gab es in freien Gesellschaften schon immer und wird es immer geben.

Ich denke, der ganze Alarmismus kommt vielmehr vom Verlust-Schmerz des Autors, weil in den westl. Gesellschaften seine „Ideologie“ den Stellenwert verloren hat, den sie einmal hatte.

lesa 2. Mai 2023: Welch eine Gnade und welch ein Schutz ist der Rosenkranz! (aus einer Predigt zum 1. Mai)

Danke für die Literaturhinweise hier: (Dreher, Ahrendt, Desmet...) Ja, es ist wichtig, "sich zu wappnen". Man kann damit auch seine Mitmenschen schützen durch Gespräche, die manches bewusst machen @Steve Acker: Danke für das Zitat. In Kibeho sagte die "Mutter des Wortes" als sie vor dem Genozid warnte: "Glaube und Unglaube werden unmerklich kommen." Die Manipulation umgarnt die Menschen hauchfein, wie durch eine Hypnose, der sie erliegen. In "Der Herr der Welt" von Benson ist das meisterhaft geschildert. Auch der Romanheld, ein Priester, wurde von der Versuchung, dem Antichrist zu verfallen, angefochten. Mit seinem Willen gab er aber nicht die Zustimmung und entkam dem verschlingenden, geistigen Sog. Wenn die geistige Überrumpelung erfolgt ist, kann mit vielen Menschen nicht mehr vernünftig reden. (Beispiel Plandemie). Aber wir haben die Waffenrüstung Gottes in diesem Kampf, der nicht gegen Fleisch und Blut geht - und den wir (nur!) gewinnen können mit DER IMMACULATA. (P.M.Kolbe)

Fink 1. Mai 2023: Psychologie der Massen von Prof. Mattias Desmet

@ JP2B16 - Danke für Ihren Hinweis auf das Buch "Die Psychologie des Totalitarismus" ! Ich habe daraufhin auf YouTube nachgeschaut, es gibt dort viele Gespräche mit dem Autor (englisch). Eines der Videos habe ich verlinkt. Sehr zu empfehlen ! (notfalls nur die ersten 30 Minuten!)

www.youtube.com/watch?v=IXnOYkkhqfg

Stephaninus 1. Mai 2023: @JP2B16

Danke Ihnen. Ja, ich glaube Hannah Arendt wird immer wichtiger. Jüngst hat in einem Beitrag Kardinal Müller auch auf ihre Arbeit verwiesen. Danke für Ihren Literaturtipp (Desmet). Ich denke, ich sollte mir das Buch beschaffen. Es ist gut, wenn man sich wappnet. Und sei es nur, um innerliche Robustheit zu entwickeln.

Stephaninus 1. Mai 2023: @Gamdalf

Lieber Gandalf, ich hätte nie in Frage gestellt, dass Rod Dreher den Angriffskrieg Russlands ablehnt. Mir ging es lediglich darum, Winithir zu sagen, dass auch die Orthodoxie ihre Probleme hat und nicht nur unsere katholische Kirche. Bei einem Wechsel könnte man vorm Regen in die Trauf kommen ;-)

Steve Acker 30. April 2023: Bärbel Bohley , DDR Bürgerechtlerin

sagte 1991
„Das ständige Lügen wird wiederkommen“

Sofort war Übereinstimmung hergestellt. .... „Alle diese Untersuchungen“, sagte sie, „die gründliche Erforschung der Stasi-Strukturen, der Methoden, mit denen sie gearbeitet haben und immer noch arbeiten, all das wird in die falschen Hände geraten. Man wird diese Strukturen genauestens untersuchen –
„Man wird sie ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen. Man wird die Störer auch nicht unbedingt verhaften. Es gibt feinere Möglichkeiten, jemanden unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen – das wird wiederkommen, glaubt mir. Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation, der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert.“

Steve Acker 30. April 2023: kling spannend

werde mir das buch besorgen.
Ja, wir kommen immer mehr in eine Diktatur.
Ich finde den Begriff "sanft" nicht so passend.
Er ist anders, raffinierter, subtiler, versteckter.
aber nicht minder gefährlcih und effizient.
Man wird für eine abweichende Meinung nicht direkt eingesperrt, aber man wird sozial und gesellschaftlich fertig gemacht, es wird einem die wirtschaftliche Existenz zerstört , und anderes mehr.
In der Corona-Zeit hat das Tempo und Ausmaß rasant zugenommen. Bekannte vor mir, die im Ostblock gelebt hatten, fühlten sich total an damals erinnert.
Nicht nur die Familie ist Angriffsziel, der Mensch als Individuum selbst.
Mit der Genderideologie soll der Mensch direkt zerstört werden. Kinder sollen endoktriniert werden,und animiert werden ihr Geschlecht in Frage zu stellen und sich womöglich "umoperieren" zu lassen.
alles schön unter dem Deckmantel Toleranz und Bekämpfung von Diskrimierung.

winthir 30. April 2023: danke für den Hinweis, Gandalf! Kommt Zeit, kommt Rat.

ich habe mit mir eine Vereinbarung geschlossen, daß ich mir erst dann ein Buch kaufen darf, wenn ich ein anderes verschenkt/verkauft/entsorgt habe, und daß ich nicht mehr als 80 Bücher besitzen darf.

Gandalf 30. April 2023: @winthir

Wie wärs mti dem Lesen des Buches, kostet ja nicht eine Vermögen... UND dann darüber diskutieren ;-) p.s. Rod Dreher bringt genügend Nachweise für den sanften Totalitarismus in unseren Zeiten..

winthir 30. April 2023:

(vorab: ich kenne nur die Rezension; nicht das Buch).

Rod Dreher stellt die These auf, wir Christen würden von einem "Sanften Totalitarismus" bedroht, bringt aber wohl nur Beispiele aus dem "harten Totalitarismus" (kommunistische Diktaturen).,

Irgendwie ist das für mich nicht so ganz stimmig.

Gandalf 30. April 2023: @Stephaninus

Rod Dreher hat den Angriffskrieg der Russen deutlich kritisiert

Stephaninus 30. April 2023: @ winthir

Zu Ihrer Frage. Ich habe viel Sympathie für Dreher. Auch seinen Wechsel zu Orthodoxie verstehe ich. Dennoch: Petrus (der Papst) ist Christi Statthalter. Ausserdem ist auch die Orthodoxie von vielen Hypotheken belastet. Denken sie an Russland etc….

JP2B16 30. April 2023: Rod Dreher und Mattias Desmet ...

... beide thematisieren eindrücklich die Zeitwende, in der in westlichen Demokratien die Freiheit dem Totalitarismus weicht - in atemberaubend kurzer Zeit. Beide verweisen auf die jüdische Philosophin Hannah Arendt. Wer es noch ein wenig wissenschaftlicher mag, dem sei das jüngst erschienene Buch von Mattias Desmet, Professor für Klinische Psycholgie an der Universität Gent mit dem Titel "Die Psychologie des Totalitarismus" (Europaverlag) sehr empfohlen!

winthir 29. April 2023: Der Autor, Rod Dreher,

ist ja aus Verzweiflung über die aufgedeckten Mißbrauchsskandale 2006 von röm.-kath. nach orthodox konvertiert.

Ob das eine Möglichkeit wäre?

lesa 29. April 2023: Aufwachen aus dem Wohlstandsschlummer

Allen schon diese Rezension ist ein Gewinn, danke!
Hellsichtig und praktisch benennt Rod Dreher die Lage. Ein kostbares Angebot! Gott schenkt auch in unserer Zeit prophetische Menschen.
Aufwachen aus dem behäbigen, gutmenschlichen Wohlstandsschlummer und reagieren ist Sache jedes Einzelnen.

Makkabäer 29. April 2023: ENDLICH!!!!!

Habe schon lange darauf gewartet. Nach der, mit großem Gewinn gelesenen, Benedikt Option der nächste Hammer!!!

lesa 28. April 2023:

Auf jeden Fall ein Weckruf. Ein mitreißender Autor.

Chris2 28. April 2023: Sehr interrssant

Ich möchte noch ergänzen, dass konsequente Atheisten wie Dawkins und Wissenschaftler, die sich vor keinen ideologischen Karren spannen lassen, immer mehr zu unseren Verbündeten werden. Ob es ihnen bewusst ist, oder nicht...

Gandalf 28. April 2023: @Richelius

Ne, das im Buch geschriebene ist vom vergang. Jahr ;-) Und bei 270 Seiten steht doch einiges, was auch neu ist, inbes. die vielen Zeugnisse aus dem Osten

Richelius 28. April 2023:

Das in dem Buch geschriebene ist viel älter als das Buch. Erik von Kuenelt-Leddihn schrieb schon vor Jahrzehnten das gleiche.
Die Zerstörung der Familie war übrigens schon ein Anliegen der frz. Revolution. Die Linie zieht sich dann über Stalin und Hitler bis in unsere Zeit.

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