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Fünf Heilmittel gegen Traurigkeit

vor 2 Tagen in Kommentar, 8 Lesermeinungen
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Ansätze, um der kirchenbedingten Depression zu entfliehen - Von P. Karl Wallner OCist / VISION 2000


Wien (kath.net/http://vision2000.at)

Als Christus geboren wurde, rief der Engel den Hirten zu: „Fürchtet euch nicht, ich verkünde euch eine große Freude – gau­dium magnum!“ Einen solchen Engelsruf würde ich mir heute manchmal für mich persönlich und für die ganze Kirche in Europa wünschen, denn viel „Freude“ macht mir die Kirchensituation derzeit nicht. Und ich habe das Gefühl, dass es vielen so geht, die den Glauben ernst nehmen.

P. Karl Wallner  auf einer seiner Reisen nach Afrika, …

Können wir etwas tun, um wieder mehr Freude zu haben; oder zumindest: dass wir uns nicht noch weiter  runterdrücken lassen?
Meine Tätigkeit für die Päpstlichen Missionswerke hat mich bisher in 18 Länder Afrikas, Asiens und Südamerikas geführt. Der Kontrast innerhalb der Weltkirche ist groß: Vor allem in Afrika gibt es Aufbruchstimmung und Wachstum. Der Glaube ist stark, die Liebe zu den Sakramenten groß. Die größte Herausforderung ist es, das Wachstum zu bewältigen. Missio konnte 2022 Gott-sei-Dank 3 Priesterseminare in Uganda ausbauen, sonst hätten 130 Priesterstudenten abgewiesen werden müssen... Die Kirche wächst weltweit jedes Jahr um ca. 16 Millionen, am stärksten in Afrika.

Bei uns in Europa hingegen schmilzt der Glaube an Jesus Christus, und zwar schneller als jeder Gletscher! Unsere Schrumpfungskurve geht immer steiler nach unten. In meiner Geburtstadt Wien sind nur noch 31 Prozent katholisch, 38 Prozent deklarieren sich mittlerweile als glaubenslos, und der Islam wird schon aufgrund der demographischen Entwicklung in wenigen Jahrzehnten die Mehrheitsreligion sein. Kein Wunder, dass auch viele Verantwortungsträger depressiv sind, weil ihre Hauptaufgabe darin besteht, im Schwund des Bisherigen zu retten, was zu retten ist…

Nein, die Kirche wird nicht untergehen. Aber wir müssen rea­lis­tisch sein: Auch wenn es Aufbrüche in der Kirche gibt: Wir sind noch lange nicht an der Talsole angekommen. Es macht mich traurig, dass ich in meiner Kirche viel zu wenig „Fischerwille“ finde. Haben wir die Sehnsucht zu wachsen? Haben wir die Sehnsucht nach vollen Netzen? Papst Franziskus appellierte in seinem Antrittsschreiben „Evangelii Gaudium“, dass jetzt alles missionarisch werden soll. Und was tun wir dazu?


Wenn es schon mir so geht, der ich die junge mutige wachsende Kirche im Süden erleben darf, wie trüb muss es dann bei denen ausschauen, die „nur“ das große Schrumpfen hier erleben? Wie geht es den Priestern und pastoral Engagierten in den Pfarren? Nach Corona kommen noch weniger in die Kirche, der Altersschnitt steigt und steigt. Wie geht es den Eltern und Großeltern, die sich so sehr bemüht haben, um ihren Kindern den Glauben schmackhaft zu machen? So viele leiden, weil alles scheinbar fruchtlos war. Wie geht es den Engagierten, die mit neuen Ideen einen missionarischen Aufbruch wollen. Wie oft müssen sie sich innovativen Gremien unterordnen und werden durch Strukturen nicht gefördert, sondern aufgerieben und blockiert. Wie geht es denen, die den Glauben ernst nehmen wollen und sich an die Lehre der Kirche halten wollen? Sehen sie sich nicht oft gerade deshalb, weil sie es ernst nehmen wollen, mit Ablehnung und Ausgrenzung innerhalb ihrer eigenen Kirche konfrontiert?

Also: Wie sollen wir da zu Freude kommen? Ich muss dazu den Kirchenfrustrierten, die das lesen, sagen: Wir sind von Bethlehem weg zwar alle zum „gaudium magnum“, zur großen Freude, berufen. Aber Jesus hat die Jüngerschaft immer mit der Bereitschaft verbunden, ihm als dem Kreuztragenden nachzufolgen. Echte Fruchtbarkeit kommt aus der Bereitschaft, in diese Situation hineinzusterben. Nicht weggehen! Das Geheimnis vieler Heiliger war es, dass sie „durch die Kirche für die Kirche“ gelitten haben. Das macht fruchtbar. Oder, wie es der verstorbene Sozialanalytiker Johann Millendorfer ausgedrückt hat: „Die Kirche ist die Infrastruktur für die Heiligen, die sie nicht verhindern konnte.“

Zurück zur Freude: Neben der Pflicht, das Kreuz, das einem manchmal die eigene Kirche bereitet, anzunehmen, gibt es auch das Recht, alles zu versuchen, um aus kirchenbedingter Frustration und Depression rauszukommen. Ich möchte dazu die Tipps, die der heilige Thomas von Aquin († 1274) gegeben hat, weitergeben. Diese „Antidepressiva“ – er spricht von „Medikamenten gegen die Traurigkeit“ (remedia contra tristitiam: S. th. I-II, qu. 38) – empfiehlt Thomas gegen jede Form von persönlicher Traurigkeit. Ich möchte sie im besonderen gegen die Bedrückungen empfehlen, die der Zustand der heutigen Kirche in unseren Seelen hervorrufen kann.

1. Das erste Medikament nennt Thomas die „delectatio“, das heißt eigentlich „Genuss“. Also nicht bloß „Freude“, sondern „Genuss“. Mein Tipp: Wenn Dir die Freude am Glauben, am Christsein, an Deiner Kirche, an Deiner Pfarre ausgeht, dann suche doch etwas, das Dich besonders „delektiert“. Was baut Dich besonders auf? Eine Wallfahrt, Exerzitien, ein aufbauender christlicher Film, ein Glaubensevent, ein guter christlicher Vortrag? In Frustrationsphasen genügt mir oft schon eine Viertelstunde vor dem Allerheiligsten und ab und zu eine Wallfahrt, heuer etwa nach Medjugorje.

2. Als zweites empfiehlt Thomas „die Tränen“. Ja, wenn man über etwas weinen kann, dann befreit das, dann löst das innere Verspannungen und Krämpfe. Wenn der Kirchenfrust zu groß ist, dann dürfen wir ihn „rauslassen“ und Gott hinhalten. Vor dem Tabernakel, im persönlichen Gebet. Wir dürfen nicht nur, wir sollen es dem Herrn der Kirche sogar sagen, was uns leiden macht und uns die Freude raubt…

3. Das dritte Medikament ist nach Thomas die „amicitia“, die „Freundschaft“. Freundschaft besteht dort, wo es einen gewissen Gleichklang in den Einstellungen und Zielen gibt. Wie aufbauend ist es, wenn man mit Menschen zusammen ist, die eine ähnliche Wellenlänge haben. Wo man sich austauschen kann, wo man nicht jedes Wort taktisch abwägen muss, wo man angehört und verstanden wird… Bitte suche Dir eine Gemeinschaft, und wenn Du keine hast, dann gründe eine Gebetsgruppe.

4. Zur Therapie gehört nach Thomas, dass wir uns bemühen, die Wirklichkeit wahrzunehmen, wie sie wirklich ist. Also Realismus. Im Bezug auf die Kirche: Schluss mit Verallgemeinerungen wie: „Alles ist schlecht! - Nichts funktioniert mehr! - Es hat alles keinen Sinn!“ Das ist trübes Blendwerk. Es gibt – auch in der derzeitigen Situation der Kirche – immer irgendwo etwas Gutes, etwas Aufbauendes, etwas Freudeschenkendes! Schau gut hin, nimm Wirklichkeit wahr: Du wirst sehr viel finden, das Freude macht.

5. Die letzte Arznei gegen Traurigkeit ist überraschend „praktisch“. Der heilige Thomas empfiehlt nämlich schon vor 750 Jahren „heiß Bad und gesunden Schlaf“, also etwas, das Deinem Körper gut tut. Ein heißes Bad ist ein wirkungsvolles Antidepressivum, das nicht nur Stress, sondern auch innere Verspannung und Traurigkeit abbauen hilft. Viele Priester wissen das ohnehin und setzen sich an ihrem freien Tag ins Whirlpool eines Thermalbads, um mal auszuspannen. Gut ausschlafen ist auch so ein praktischer Tipp, denn gut schlafen kann man ja nur, wenn man zu den Problemen, die einem belasten, in die Distanz geht. Das Wohlbefinden Deines Leibes hilft Dir, wenn Deine Seele bekümmert ist.

Traurigkeit frustriert, lähmt, macht apathisch oder aggressiv. Alles nicht gut. So ändert sich gar nichts. Wir dürfen uns schon deshalb nicht runterziehen lassen, weil uns der Glaube doch sagt, dass Christus bereits Sünde und Tod überwunden habe. Und wenn Du wirklich glaubst, dann schau doch bitte immer auf den Himmel: Dort erwartet Dich das große, nie endende Freudenfest, die Hochzeit des Lammes… Und wenn Deine irdische Pilgerschaft derzeit gerade bedrückt ist, dann rate ich Dir mit dem heiligen Thomas: (1) Such in der Kirche das, was Deine Seele erquickt und genieße es; (2) schütte Dein trauriges Herz vor dem Herrn aus; (3) suche Dir Freunde mit gleicher Wellenlänge; (4) beachte das viele Gute, das es auch in der heutigen Kirche gibt; und (5) schließlich, mit den Worten der heiligen Teresa von Avila: „Tu deinem Leib des öfteren etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“

Pater Dr. Karl Wallner ist Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Österreich.


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Lesermeinungen

modernchrist vor 17 Stunden: Es ist wirklich so: Die Traurigkeit

ist bei vielen frommen Christen doch recht verbreitet. Pater Wallner gebührt großer Dank für diese humorvolle Zusammenstellung von Hilfen. Gerade auch dem Leib etwas Gutes tun: Gleichgesinnte zu einem Glas Bier und Würstchen einladen und plaudern; gemeinsam zu einem kleinen Abendessen- einer griechischen Vorspeise - zum Griechen; vor allem auch: in j e d e Kirche am Wegesrand reingehen und den Herrn im Tabernakel besuchen! Er hat solche Sehnsucht nach uns. Auch das Anklicken von www.bonifatius.tv - dem gratis-Evangelisations-Internetfernsehen hilft sehr. Was für wunderbare Filme und Dinge gibt es dort zu sehen. Lustig und informativ z.B. "Der fliegende Diakon" und zahllose interessante Sachen zur reinen Freude!

Confiteor vor 25 Stunden: Matthäus 5,4

Worte Jesu aus der Bergpredigt: "Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden."
Mag "trauern" mit "traurig sein" auch nicht völlig identisch sein, so ist diese Seligpreisung doch eine über "hac lacrimarum valle" hinausweisende. Wie wahrscheinlich alle anderen Seligpreisungen ebenso.

Glaube13 vor 28 Stunden: Realität

Alles was hier geschrieben worden ist kann ich unterschreiben. Aber die Realität in den Gemeinden ist meist eine andere. Es gibt den wahren Spruch, der Fisch stinkt vom Kopfe her. Und so vermisse ich vom Bischof bis zum Priester den Hirten. Mein Eindruck ist, für viele Geistliche und auch angestellte Mitarbeiter der Kirche, ist es ein bequemer Job in dem ich all meine Unzulänglichkeiten verstecken kann. Wo ist der Hirte im Alltag der Gemeinde? Leider habe ich in dieser Beziehung keine guten Erfahrungen gemacht. Die Jünger/ Apostel hatten Jesus und nach seinem Tod den heiligen Geist. Das hat bestimmt geholfen stark zu bleiben. An wem halte kann ich mich heute in der Gemeinde orientieren? Fast alle , die am Ambo stehen und das Wort des lebendigen Gottes verkünden, haben dies bereits wieder vergessen sobald sie sich vom Ambo abgewandt haben. Sie sind oft die schlimmsten im Alltag die von Wort und Tat soweit entfernt sind wie die Menschheit vom Mars.

Versusdeum vor 34 Stunden: „Feelings Buried Alive Never Die”.

Kann ich zu 100% bestätigen. Sie werden vielleicht irgendwann zu einem Zombie, aber sie bleiben. Deswegen: Macht Euer Herz nicht zu einer Mördergrube, sondern sprecht mit jemandem darüber, wenn Ihr damit nicht klarkommt. Und denkt daran: Ein Beichtvater darf unter keinen Umständen Dritten davon erzählen, jedenfalls nie so, dass man Rückschlüsse auf Euch ziehen kann. Den das Berichtgeheimnis gilt absolut!

Stefan Fleischer vor 2 Tagen: Gegen die Traurigkeit

Wie wäre es, wenn wir es wieder, wie unsere Vorfahren, mit dem ersten und wichtigsten Gebot versuchen würden? Acht mal spricht die Schrift davon, im NT z.B. in Mt 22,35-40: «Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten.» Prioritäten setzen wird uns heute oft empfohlen. Das gilt auch für das Leben aus dem Glauben. Erst wo ich Gott den ihm gebührende Platz in meinem Leben einräume, kann ich dies auch mit meinem Nächsten tun. Und nur dann lerne ich auch, das liebe ICH in seine Schranken zu weisen.

stenov vor 2 Tagen: Lebendig begrabene Gefühle sterben nie

Ich möchte an dieser Stelle ein Buch zu diesem Thema empfehlen, das mir, meiner Frau und vielen anderen tatsächlich geholfen hat. Die Autorin ist Karol Truman, der Originaltitel lautet: „Feelings Buried Alive Never Die”.
Truman ist eine christliche Psychotherapeutin und war auf vielen Ärztekonferenzen, um herauszufinden, welche Gefühle mit welchen Krankheiten zusammenhängen. Das Buch ist eine Goldgrube. Der Kernpunkt ist ein Gebet (die Autorin nennt es Skript), das eine unglaubliche Wirkung hat. Negative Gefühle sind dann einfach weg, ohne die Erinnerung zu beeinträchtigen. Das geht bis zum Verschwinden psychosomatischer Krankheiten. Das Buch ist leider nur auf Englisch bei Amazon erhältlich. Sollte jemand darüberhinaus Interesse daran haben, dann antworten Sie bitte auf mein Posting.

www.amazon.de/s?k=feelings+buried+alive+never+die&crid=338GJS94DTX2A&sprefix=Feelings+buried+alive+never+die%2Caps%2C134&ref=nb_sb_ss_mvt-t11-ranker_1

Johannes14,6 11. Juni 2023: Adoratio - DER Trost überhaupt

"In Frustrationsphasen genügt mir oft schon eine Viertelstunde vor dem Allerheiligsten" - oder ein guter geistlicher Vortrag:

Beides gab es in Hülle und geistlicher Fülle auf dem ADORATIO KONGRESS Altötting, dazu wunderbare Predigten von Bischof Bertram Meier(9.6.), Rudolf Voderholzer (10.6.) und Kardinal Kurt Koch zur Abschlussmesse, dankenswert übertragen von EWTN.

Ganz besonders hinweisen möchte ich auf die hervorragende Katechese von Prof. Nina Heeremann, am Samstag, im Link ab Min 43 - gutes Brot, wunderbar !

https://www.youtube.com/live/PtiyRaXg0Mk?feature=share

modernchrist 10. Juni 2023: Diese remedia sind einfach Spitze!

Es ging den Menschen immer schon manchmal dreckig, sie litten - an so vielem - ; denken wir nur an den Stand der Medizin und die Lebenserwartung damals vor 750 Jahren zur Zeit des Aquinaten. Der Rat, den echten und den innerlichen Tränen mal gerade vor dem Allerheiligsten ihren Lauf zu lassen, ist auch für uns heute als Eltern, Großeltern, Lehrer, Seelsorger heilsam und wunderbar. Auch eine kleine Einkehr mal beim Griechen, ein feines Schnitzel mal beim Wirt: Dieses kleine "Dem Körper mal was Gutes tun" hilft mir und meinem Mann immer wieder sehr! Danke, Pater Wallner, dass es Sie gibt! Sie sind so ein Segen!

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