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21. September 2023 in Aktuelles, 5 Lesermeinungen
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Chaldäischer Patriarch zeigt sich im"AsiaNews"-Interview angesichts aktueller schwieriger Situation für seine Person und die Kirche schwer enttäuscht über zu wenig Rückhalt vonseiten des Vatikan
Erbil/Rom (kath.net/KAP) Der chaldäisch-katholische Patriarch Kardinal Louis Raphael Sako hat sich in einem Interview mit der kirchlichen Nachrichtenagentur "AsiaNews" schwer enttäuscht über den Vatikan geäußert. Dieser habe in den vergangenen Monaten nichts unternommen, um die Angriffe gegen die christliche Gemeinschaft im Irak und gegen seine Person zu unterbinden. Der irakische Präsident Abdul Latif Rashid hatte im Juli dem chaldäischen Patriarchen weitreichende Befugnisse zur Verwaltung chaldäischer Stiftungsangelegenheiten entzogen, woraufhin Sako aus Protest aus Bagdad abgereist ist und seine Amtsgeschäfte seither in Erbil in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak ausübt.
Die Entscheidung Rashids war nach einer Begegnung mit Rayan Al-Kildani, Gründer der Miliz "Babylon-Brigaden" und der politischen "Babylon-Bewegung", gefallen. Mit Kildani ficht Patriarch Sako seit Langem einen Konflikt aus. Kildani wird von verschiedenen Seiten vorgeworfen, dass er in Diensten des Iran steht und christliches Eigentum in großem Stil an iranische Mittelsmänner verkauft. Sako und Kildani lieferten sich in den vergangenen Monaten heftige Wortgefechte. Der Patriarch warf dem Politiker und Milizenführer u.a. vor, nicht die Interessen der Christen zu vertreten, auch wenn er dies vorgebe. Inakzeptabel ist für Patriarch Sako, wie er gegenüber "AsiaNews" sagte, dass Kildani bei der Generalaudienz am 6. September in Rom mit Papst Franziskus zusammentreffen konnte.
Al-Kidani verbreitete im Anschluss in sozialen Medien Fotos und Texte, die den Eindruck erweckten, der Papst habe ihn offiziell empfangen. Zudem habe er das Gerücht gestreut, dass der Papst den Rücktritt von Patriarch Sako akzeptiert habe. Das vatikanische Presseamt verlautete einige Zeit später zwar, dass es keine Papst-Audienz für Kildani gab, Patriarch Sako hätte sich aber eine weit deutlichere Distanzierung erwartet.
"Papst hat noch nicht geantwortet"
Sako: "Ich habe Papst Franziskus nach Rayans Besuch im Vatikan geschrieben, er hat immer noch nicht geantwortet. Wir sind eine verfolgte Kirche, die seit Langem ums Überleben kämpft, aber dazu brauchen wir auch Unterstützung, Nähe, Solidarität." Das Schweigen Roms legitimiere letztlich die Angriffe gegen ihn und damit gegen alle Christen im Land, so Sako. "Der Heilige Stuhl hätte das Wort ergreifen können, hätte sagen können, dass die Propaganda dieses Herrn nicht wahr ist, hätte versuchen können, die Menschen, die vielen Christen und Muslime im Irak, zu beruhigen, die unter diesen neuen Angriffen leiden, vor diesen Lügen, die unserer Gemeinschaft schaden."
Wie Sako weiter sagte, würden derzeit zahlreiche Klagen gegen ihn eingebracht, er können deshalb auch nicht nach Marseille reisen, weil er in den kommenden Tagen vor Gericht erscheinen müsse. Ziel Kildanis und weiterer Kräfte sei es, die Stimme der Kirche bzw. ihn als Patriarch zum Schweigen zu bringen. In seinen zehn Jahren an der Spitze der Chaldäischen Kirche habe er stets die Menschenrechte verteidigt, ohne Unterschied des Glaubens oder der ethnisch-religiösen Zugehörigkeit. Zugleich habe er sich stets gegen die Bildung vermeintlich christlicher Milizen wie die Babylon-Brigaden ausgesprochen.
Die Babylon-Brigaden hätten eine Agenda: Die Christen zur Auswanderung zu drängen, um ihre Häuser und Güter in Besitz zu nehmen. Deshalb versuche man eine instabile politische und gesellschaftliche Situation zu schaffen. Diese Agenda falle freilich im Irak auf fruchtbaren Boden, so der Patriarch. Es bestehe kein allgemeiner Wille, einen auf Recht und Gerechtigkeit basierenden Staat aufzubauen, sondern es herrschten Chaos und Anarchie. Sako kritisierte auch einige Spitzenrepräsentanten anderer Kirchen - ohne konkrete Namen zu nennen -, weil sie ihre eigenen Agenden betreiben würden.
Es gehe ihm dabei nicht um seine eigene Person, so der Patriarch weiter, sondern um die Zukunft der Christinnen und Christen im Irak: "Ich habe keine Angst und ich habe nichts zu verlieren (...) vielleicht mein Leben, aber ich bin auch dazu bereit." Er wolle gerade angesichts der schwierigen aktuellen Situation die Christinnen und Christen im Irak aufrufen, standhaft zu bleiben, den Irak nicht zu verlassen und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft nicht aufzugeben.
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SalvatoreMio 21. September 2023: Radikale Muslime nicht reizen
@ Msgr. Schlegl: Das ist schon wahr! Zur Kirchenpolitik gehört immer auch Klugheit und Geschick. Aber dem Patriarchen Sako werden die zahlreichen liebevollen Kontakte zum Großimam der Azhar-Moschee nicht verborgen geblieben sein. Was soll man da noch sagen?
Waldi 21. September 2023: Der Papst kann nicht überall sein und wirken,
denn Rom ist zurzeit mehr damit beschäftigt, glaubenstreue und der kirchlichen Tradition verbundene Priester und Bischöfe weltweit zu entthronen, das ist wichtiger und vordringlicher, als durch Intervention die Christen und Bischöfe im Irak zu schonen! Der Karren rollt, von Stund zu stund, immer tiefer in den Abgrund! Was ist vom Fels in der Brandung der katholischen Kirche noch geblieben: Eine in der tobenden See führerlos schwankende Nussschale, ohne sichere Navigaton im Befehlsstand!
SCHLEGL 21. September 2023: Korrektur "Das Schweigen"
Offensichtlich hat meine elektronische Sekretärin heute Migräne! Es soll natürlich heißen "das Rom die Haut der Christen UNTER islamischer Herrschaft NICHT zu Markte tragen will!Ebenso der Patriarch Kardinal Sako HAT zweifellos auch Schutz.. verdient.
SCHLEGL 21. September 2023: Das Schweigen
Nicht "Das Schweigen der Lämmer", sondern in diesem Fall "Das Schweigen der Hirten in Rom" macht dieser katholischen Ostkirche, welche zahlenmäßig stärker ist, als die Assyrische Kirche des gleichen Ritus, macht dem Patriarchen große Sorgen.
Freilich ist das nichts Neues, Kardinal Mindszenty sagte dies in der Zeit von Paul VI, übrigens auch Patriarch Kardinal Jozef Slipyj in der gleichen Zeit. Damals ging es wohl darum die Kommunisten nicht zu reizen, beziehungsweise die orthodoxe Kirche Russlands und der Ukraine nicht zu provozieren. Jetzt geht es wohl darum in einem der schwierigsten Gebiete der Welt nicht auch noch radikalere Moslems auf den Plan zu rufen. Es ist natürlich verständlich, dass Rom die Haut der Christen oder islamischer Herrschaft zum Markte tragen will. Aber der Patriarch Kardinal Sako was zweifellos auch Schutz und Unterstützung verdient.
CusanusG 21. September 2023: Wo versagt Rom in diesen Tagen eigentlich nicht?
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