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Der letzte Einsatz

6. Dezember 2023 in Familie, 3 Lesermeinungen
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„‚Bis nächstes Jahr!‘ hatte er zum Abschied noch gesagt, wohlwissend, dass es dieses nächste Jahr nicht geben werde.“ Eine Samichlausgeschichte [Nikolaus] für Erwachsene. Von Stefan Fleischer


Grenchen (kath.net) Das war es also für Willy: der letzte Einsatz als Samichlaus nach mehr als zwanzig Dienstjahren. Seine Kollegen hatte er schon lange gewarnt, dass dies sein letztes Jahr sein werde. Nun war auch dieses Vergangenheit. Auf der einen Seite war er froh. Das Metier war immer schwieriger geworden, die Kinder immer aufgeklärter und die Eltern anspruchsvoller. Einem unverbesserlichen Bengel einmal so richtig die Leviten die zu lesen, so wie es früher üblich war, das war heute nicht mehr möglich. Auf der anderen Seite aber gab es auch immer wieder wunderschöne Erlebnisse, wie dieser letzte Kinderbesuch. Es war eine einfache Familie in einem Arbeiterviertel. Man sah auf den ersten Blick, dass hier zwar nicht gerade Schmalhans Küchenmeister war, aber auch nicht Luxus. Und doch herrschte eine fröhliche, dankbare Stimmung. Das Kreuz an der Stubenwand und die Madonna darunter fielen sofort auf. Auf der «Sündenliste» der drei Kinder fand sich nichts Schwerwiegendes. Und er durfte auch viel Lob aussprechen. Besonders eindrücklich jedoch war das Schlussgebet der ganzen Familie.


«Bis nächstes Jahr!» hatte er zum Abschied noch gesagt, wohlwissend, dass es dieses nächste Jahr nicht geben werde. Dann ging Willy gemächlichen Schrittes zurück zu seinem Auto, das er in einiger Entfernung parkiert hatte. Von seinem «Schmutzli» [Knecht Ruprecht; Krampus] hatte er sich bereits verabschiedet. Nun brauchte er Zeit für sich, um das alles zu verarbeiten. Der Alltag würde ihn schnell genug einholen.

Aus einen hübschen Einfamilienhaus mit einem gepflegten Garten schlug ihm plötzlich der Lärm eines bösen Streites entgegen. Willy wusste nicht, wie ihm geschah. Er war plötzlich hellwach. Er rückte seinen Bart zurecht und die Mütze auf dem Kopf, und öffnete die Gartentüre. Dann kamen drei kleine Stufen. Er packte die Klinke. Die Tür war unverschlossen und er trat ein. Da stand er vor einem relativ jungen Ehepaar, im Hintergrund zwei Kinder mit verweinten Augen. Es war plötzlich still im Raum. «Was ist hier los?» donnerte Willy wie zu seinen besten Jahren als Samichlaus. «Könnt ihr Euch nicht anständig benehmen, und das vor den Kindern? Wie sollen diese lernen, wie man Probleme untereinander löst?» Dann wurde er etwas leiser und sagte mit freundlicher Stimme zu den Kleinen: «Nicht wahr, ihr beiden. Ihr werdet Papi und Mami helfen sich wieder zu ertragen, ja sich wieder zu lieben wie am Anfang. Es wird nicht immer ganz leicht sein. Aber ihr werdet es schaffen.» Und mit seiner brummigen Chlausenstimme fuhr er fort: «Und Ihr zwei! Wenn Ihr das nicht fertigbringt, so komme ich nächstes Jahr wieder und bring den Schmutzli mit, oder auch zwei.» Dann drehte er sich um und verschwand in der Nacht.

Am andern Morgen wusste Willy selbst nicht mehr, was nun wahr und was nur Traum gewesen sei.


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Lesermeinungen

lakota 6. Dezember 2023: Also ich habe mir das Bild

gar nicht genau angesehen.
Ich habe die Geschichte gelesen und finde sie sehr schön. Danke @Stefan Fleischer

bücherwurm 6. Dezember 2023: @Tapeinos:

Sie haben zwar Recht, aber ein idealeres Bild mit zusätzlich den idealen Copyrightrechten habe ich trotzdem nicht zur Hand. Könnten Sie ausnahmsweise damit leben?

Tapeinos 6. Dezember 2023: "Samichlaus" Weihnachtsmann?

Eine rührende Geschichte. Aber gerade als praktizierende Katholiken sollten wir den Heiligen Bischof Nikolaus von Myra nicht mit dem Heiden "Weihnachtsmann" verwechseln! Das Bild von Kath.net ist der Weihnachtsmann. Sehr peinlich! Und auch Willy trägt eine Mütze. Kein Nikolaus trägt eine Mütze, sondern eine Mitra. Das wissen inzwischen auch unsere Kinder und sagen beim vermeintlichen Samichlaus: "Du bist ein Weihnachtsmann. Wir glauben auch nicht an den Osterhasen." :-)))

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