Aktuelles | Chronik | Deutschland | Österreich | Schweiz | Kommentar | Interview | Weltkirche | Prolife | Familie | Jugend | Spirituelles | Kultur | Buchtipp
18. März 2024 in Aktuelles, 5 Lesermeinungen
Artikel versenden | Tippfehler melden
Der Leiter der Diplomatischen Akademie in Wien, Emil Brix, glaubt nicht, dass es sich bei dem Sager von Papst Franziskus zur "weißen Fahne" um ein reines Missverständnis handelt
Wien (kath.net/KAP) Für den Leiter der Diplomatischen Akademie in Wien, Emil Brix, sind die Aussagen von Papst Franziskus zum Ukraine-Krieg "doppelt negativ". "Die Wirkung ist nicht, dass wir näher dem Frieden gekommen sind, sondern die Wirkung ist, dass der Aggressor sich bestätigt fühlt", so der Diplomat in der ORF-Religionssendung "Orientierung" am Sonntag. Das wirke umso mehr, da es sich beim Papst um eine Person mit besonders hoher Autorität handle, was dem Aggressor als Argument diene, seinen Krieg fortzusetzen, "das heißt, die Wirkung ist leider doppelt negativ", befand Brix.
Brix erinnerte an die Situation der Briten im Zweiten Weltkrieg, die wussten, dass sie Hitler-Deutschland unterlegen seien. "Auch die waren die Schwächeren, aber haben gewusst, für welche gerechte Sache sie kämpfen und dass es eine Chance gibt." Das sei bei der Ukraine heute nicht anders, befand der Diplomat. "So viel an Erinnerung muss in Europa schon vorhanden sein, zu wissen, dass man auch hier um bestimmte Werte kämpft", so Brix mit Blick auf die Ukraine, es gehe eben nicht nur die Verteidigung "von so und so viel Quadratkilometern Land".
Die Versuche von Vatikan-Diplomaten im Nachhinein zurückzurudern, hätten letztlich nur gezeigt, dass man selbst erkannt habe, dass es ein Problem mit der Formulierung gegeben habe, so Brix. "Man könnte fast annehmen, dass innerhalb der Hierarchie der Außenpolitik des Vatikans es hier offene Fragen gibt." So sei die Reaktion des Kirchenstaats auf den Ukraine-Krieg ein Symbol dessen, dass in der Professionalität des Vatikans in der Außenpolitik etwas nicht stimme. Da gelte es nicht nur die moralische Komponente zu bewerten, sondern auch die Professionalität innerhalb des Vatikan-Staats, so der erfahrene Diplomat, der selbst zwischen 2015 und 2017 als Botschafter in Russland tätig sei.
Brix ist skeptisch, dass es sich bei dem Papst-Sager nur um ein Missverständnis gehandelt habe: "Ich bin mir ganz sicher, dass er das mit einer gewissen Absicht auch gesagt hat", weil Franziskus letztlich davon überzeugt sei, dass es etwas wie einen "gerechten Krieg" nicht gebe. Nur sei es in einer Situation nicht angebracht, so eine Botschaft den Ukrainerinnen und Ukrainern auszurichten, sondern, "so eine Botschaft sollte der Papst an den Aggressor, also an Russland, richten", betonte der Leiter der Diplomatischen Akademie. Eine Gelegenheit für den Papst, das Gesagte wieder zurechtzubiegen, sei der bevorstehende Ostersonntag, mutmaßte Brix. Ob das gelingen werde, gelte es abzuwarten.
Copyright 2024 Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich Alle Rechte vorbehalten
Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!
Everard 18. März 2024: Eine "Instrumentalisierung"
seitens des Botschafters a.d. Brix ist wirklich nicht gegeben. Er bezieht sich doch auf den heroischen Durchaltewillen des Vereinigten Königreichs während der Zeit von 1940/1, als man trotz äußerst schwieriger Lage eben nicht den Irrweg des Defätismus beschritten hat sondern den heroischen Weg des Widerstandes. Daß Rußland die Hauptgefahr für Großbritannien darstellt bestreiten nur radikale Linken und Rechte Fantasten.
modernchrist 18. März 2024: Der Papst sollte sofort in die Ukraine reisen,
um die Untaten vor Ort in Mariupol und anderswo zu besichtigen. Oder will man behaupten, die Ukrainer hätten selber die Marienstadt derart in Asche gelegt? Nur durch eine besondere Art der Unterstützungsgeste könnte PF diese verbale Entgleisung und den riesigen Schaden wieder ausbessern. Auch wäre das ein Zeichen an Russland, dass der Papst nicht zu Verbrechern wie Kyrill und Putin reist, sondern zu den Angegriffenen! Auch Kardinal Müller meint, PF solle schnellstmöglich in die Ukraine reisen. So oft wurde er schon gebeten zu kommen! Bald wird man dort sagen: Zu spät, er soll doch in Rom bleiben.
Anaximander Ansorg 18. März 2024: Eine britische Ansicht
Als gebürtiger Brite fühle ich mich hier angesprochen und zwar anhand der Instrumentalisierung seitens des Autors eines aus unserer Sicht völlig ungewollten aber kirchlich-scholastisch noch zu rechtfertigenden Krieges gegen Nazideutschland 1939-'45. Mit den aktuellen Auseinandersetzungen Nato/Russland hat das aus englischer Sicht gar nichts zu tun - der versuchte Vergleich kann nicht aufgehen. Lange Rede, kurzer Sinn: Man wird sich aus britischer Sicht solange an dieser Auseinandersetzung nicht direkt teilnehmen, bis man (wie damals Deutschland/England 1940) direkt angegriffen wird. Aber daran glaubt im UK heute keiner (der noch bei Trost ist). Putin schwurbelt nur. Im Macron-Frankreich mag das anders sein, aber man wurde hier als Brite angesprochen. Die UK-Beteiligung in Ukraine ist (anders als bei Macron) keine Verbrüderung mit einem völlig unbekannten Land, sondern eine (ggf. willkommene) Gelegenheit, eine Ertüchtigung-in-Echtzeit der eigenen Streitkräfte vorzunehmen.
Adamo 18. März 2024: @Schillerlocke, von wegen PF hätte keine Ahnung von der komplizierten Situation in Ostmitteleuropa.
Jedes kleine Kind weiß jetzt wie Russen die gefangenen ukrainischen Soldaten foltern!
UN-Pressebericht:
Zu den Misshandlungen gehören schwere Schläge auf alle Körperteile, auch auf die Genitalien.
Es ist unerträglich schmerzhaft mit blutenden Wunden auf dem Boden zu liegen unter Verweigerung medizinischer Hilfe.
Die Opfer hätten gehungert und Würmer, Papier und Reste von Hundefutter gegessen. So der Pressebericht der UN am 16.März 2024 über die russischen Gräueltaten an gefangenen ukrainischen Soldaten als Väter, die daheim auf sie wartende Frauen und Kinder haben.
Schillerlocke 18. März 2024: Die Analyse
von Herrn Brix ist scharf und treffend. Vielleicht eine Ergänzung: Dieser Papst hat offensichtlich nach wie vor ein von antieuropäischen Ressentiments geprägtes Verhältnis zu Europa. Er ist darin eine Stimme des globalen Südens. Von der komplizierten Situation in Ostmitteleuropa scheint er nach wie vor kaum eine Ahnung zu haben. Es ist deshalb ein Versagen der vatikanischen Diplomatie, diesem über Europas Geschichte unzureichend informierten Papst solch brisante und schädliche Erklärungen durchgehen zu lassen.
Um selbst Kommentare verfassen zu können nützen sie bitte die Desktop-Version.
© 2025 kath.net | Impressum | Datenschutz