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15. Mai 2024 in Familie, keine Lesermeinung
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Familienforscher und Laienrats-Präsident in ORF-Sendung "Im Zentrum": "Positives Mindset für Familien" schaffen statt nur Probleme kommunizieren - Wahlfreiheit muss auch Möglichkeit bieten, die Kinder selbst zu betreuen
Wien (kath.net/KAP) An die Verantwortlichkeit der Politik für den Rahmen, innerhalb dessen über die Kinder und Familien gesprochen werden, hat der Direktor des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF), Prof. Wolfgang Mazal, erinnert. "Es geht um das Mindset: Können wir endlich positiv über dieses Thema reden, oder kommunizieren wir nur über die Probleme?", gab der Jurist, der auch Präsident des Katholischen Laienrates (KLRÖ) ist, am Sonntagabend in einer Diskussion bei der ORF-Sendung "Im Zentrum" zu bedenken. Österreich sei sehr gut unterwegs, praktische Probleme auf diesem Gebiet zu lösen, bei den finanziellen Leistungen nehme das Land weltweit eine Spitzenposition ein. Vor allem gehe es aber um die Kommunikation, damit Menschen "wieder Mut fassen", so der Experte.
Ausgangspunkt der Sendung waren Zahlen der Statistik Austria, wonach im Vorjahr in Österreich 11.448 Menschen weniger geboren als gestorben sind. Der Kinderwunsch ist in den vergangenen 15 Jahren drastisch gesunken und auch die Geburtenrate, die derzeit bei 1,36 Kindern pro Frau liegt. Um langfristig finanzierbar zu sein, benötige das Pensionssystem und Gesundheitssystem "neue Menschen, die das tragen", erläuterte Mazal, "wenn wir das selbst nicht hinkriegen, brauchen wir eben Migration aus dem Ausland".
Als eine der Mitverursacher für die "Geburtenflaute" bezeichnete Mazal eine "allgemeine Tendenz zum Egoismus", und zwar bei beiden Geschlechtern: "30 bis 40 Prozent der Bevölkerung im gebärfähigen Alter entscheidet sich gegen ein Kind, da man eigene Ziele verwirklichen möchte." Das sei zu respektieren, man müsse in einer Gesellschaft jedoch auch darüber reden können, "ob das gut ist für die Gesamtgesellschaft, aber auch für den Einzelnen".
Kinderbetreuung nicht Hauptfaktor
Manche der gängigen Erklärmuster für die Geburtenarmut sind laut dem Chef des Österreichischen Institut für Familienforschung hingegen empirisch nicht haltbar, zumindest als Hauptgrund. So stehe etwa der Vorstellung, der Feminismus habe dazu beigetragen, die Situation in Frankreich entgegen. "Dort war der Feminismus stärker ausgeprägt, die Geburtenzahlen sind jedoch höher als bei uns", so Mazal. Frankreich verfolge dennoch schon seit vielen Jahrzehnten eine "pronatalistische" Politik - die in Österreich aufgrund des in der NS-Zeit verliehenen "Mutterkreuzes" nicht denkbar sei, "nicht einmal der Begriff dafür", gab der Experte zu bedenken.
Auch das Argument, es komme vor allem auf die Infrastruktur an Kinderbetreuung an, stimme so nicht. Es sei ausgiebig durch Studien belegt, dass in Österreich Frauen mit Betreuungspflichten auch dann mehrheitlich lieber in Teilzeit statt Vollzeit arbeiten wollen, wenn sie einen Betreuungsplatz für ihr Kind zugesichert bekämen. Hier spiele auch mit, dass in Österreich ein ständiges Versprechen der Politik nicht eingelöst werden könne: Der Anhebung der Betreuungsquoten stehe laut Mazal insbesondere das Fehlen pädagogischer Fachkräfte entgegen, ohne denen keine qualifizierte Versorgung möglich sei.
Eltern mit Kindern "in Ruhe lassen"
Für die Schaffung des von ihm geforderten "positiven Klima" für Familien fehlt laut Mazal in Österreich einerseits ein Augenmerk auf die Sprache, in der neben den zu bewältigenden Hürden auch schöne Seiten anklingen sollten. Unternehmen sollten etwa dazu gebracht werden, "mehr Vereinbarkeit zu gewährleisten - damit es nicht heißt: Gehst du arbeiten oder bleibst du bei den Kindern?" Insgesamt seien in Österreich mehr Frauen ohne Betreuungspflichten in Teilzeit tätig als Frauen mit Kindern unter 15, fuhr der ÖIF-Direktor fort. Wolle man die Vollzeiterwerbsquote erhöhen, würde er "bei denen ansetzen, die keine Betreuungspflichten haben - aber endlich die mit kleinen Kindern in Ruhe lassen".
Wahlfreiheit für Mütter, so die klare Botschaft des Laienrats-Vorsitzenden, dürfe sich nicht nur auf die Wahl der außerfamiliären Betreuung beschränken. "Genauso muss man auch geschätzt werden in der Wahl, die eigenen Kinder selbst zu betreuen und später dann in Teilzeit zu gehen." Mütter wie auch Väter, die ihre Kinder in Vollzeit betreuen, gelte es als "Fachkräfte" zu sehen, die Wertschätzung verdienten: Familienarbeit sei Ausdruck einer großen Verantwortlichkeit für Beziehungen und erfordere wichtige Kompetenzen, die gefördert werden sollten.
Scharfe Kritik äußerte Mazal hingegen für die Praxis vieler Unternehmen, den "Papamonat" als bloßes "Feigenblatt" zu missbrauchen: Mitarbeitern würde dieser Monat nach der Geburt eines Kindes oft mit dem Hintergedanken zugestanden, dann keine Karenz in Anspruch zu nehmen. Sinnvoller wäre es, Karenz und Teilzeit zu fördern, so der Experte.
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