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Kardinal Schönborn: Zeit der traditionellen europäischen Kardinalssitze vorbei

vor 2 Tagen in Österreich, 9 Lesermeinungen
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Wiener Erzbischof in Pressegespräch: Neuer Kardinal aus Österreich derzeit eher unwahrscheinlich


Wien (kath.net/KAP-ÖBK) Dass Papst Franziskus den nächsten Wiener Erzbischof wieder zu Kardinal ernennt, ist laut Kardinal Christoph Schönborn alles andere als eine ausgemachte Sache. Zur Journalistenfrage, ob ein neuer Kardinal aus Österreich nicht wünschenswert sei, meinte Schönborn am Montag bei einem Pressegespräch in Wien wörtlich: "Da müssen Sie den Papst fragen. Also, wenn nicht der Erzbischof von Paris Kardinal geworden ist, sondern der Bischof von Ajaccio in Korsika, dann verschieben sich ein wenig die Gewichtungen." Die traditionellen Kardinalssitze in Europa gebe es in der Form nicht mehr.

Der Papst habe in den letzten Jahren systematisch in fast jedem Land in Asien einen Kardinal ernannt, sogar in der Mongolei, wo es nur 1.600 Katholiken gibt. Franziskus komme aus Lateinamerika "und ich vermute, seine Einschätzung des Gewichts der Kirche in Europa ist vermutlich ein bisschen anders, als wir es erwarten würden", sagte Schönborn, der einen künftigen Kardinal für Wien dennoch nicht ausschloss: "Vielleicht wird es ja in Österreich eine sehr charismatische oder faszinierende Gestalt geben, die den Papst bewegt, dass er sie zum Kardinal ernennt."


Schönborn fügte hinzu, dass er bei den Kardinalsernennungen "überhaupt nichts mitzureden" habe. "Das einzige und letzte Mal, als ich einem Papst gesagt habe, es sei doch wichtig, dass der und der Kardinal werde, da ging es um ein Land der sogenannten Dritten Welt. Und der ist auch Kardinal geworden, aber vermutlich nicht wegen meiner Intervention, sondern weil es einfach wichtig war."

Die Kardinalsernennungen von Papst Franziskus könne man durchaus als eine Art Programm sehen: "Er geht, wie er selber gesagt hat, an die Peripherien, und das Kardinalskollegium hat sich in diesen elf Jahren, seit er Papst ist, massiv verändert. Der Wiener Erzbischof verwies darauf, dass Europa in naher Zukunft nur mehr 4 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen wird. Der Anteil der europäischen Kardinäle sei zugleich immer noch sehr hoch im Vergleich zur Weltkirche mit ihren 1,2 oder 1,3 Milliarden Katholiken.
Schönborn und die Päpste

Auf seine guten Beziehungen zu den Päpsten angesprochen, ging Schönborn zuerst auf Johannes Paul II. ein: "Er hat mich zum Bischof und zum Kardinal ernannt. Ich hatte vor allem mit ihm zu tun, als ich Redaktionssekretär des Katechismus war. Da gab es viele Begegnungen."
Inniger war das Verhältnis zu Papst Benedikt XVI.: "Ich war sein Student. In Regensburg, als er noch Professor war. Ich bin seit damals mit ihm durch den Schülerkreis in Verbindung geblieben. Und als er Präfekt der Glaubenskongregation war, hatte ich sehr viel mit ihm zu tun, weil ich in der Internationalen Theologenkommission war, die er geleitet hat. Und dann natürlich die Jahre der Zusammenarbeit über den Katechismus. Daraus ist auch eine persönliche Freundschaft geworden; die hatte ich in diesem Sinne nicht mit Johannes Paul II."

Papst Franziskus habe er bereits in Buenos Aires kennengelernt, als dieser dort noch Weihbischof war, "und zwar bei der mir sehr lieben Gemeinschaft vom Lamm. Ich bin mit dieser Gemeinschaft sehr verbunden. Sie hat drei Niederlassungen in Argentinien, die ich auch gut kenne." Bischof Bergoglio habe die Niederlassung in Buenos Aires begründet und sehr gefördert, "weil sie sehr stark hin auf die Gemeinschaft mit den Armen orientiert ist". So habe es sich ergeben, "dass ich zu Franziskus schon vor seiner Wahl eine Beziehung hatte, und die hat sich dann ausgeprägt".

Er bewundere alle drei Päpste sehr und bezeichnete sie als "wirklich große und sehr überzeugende Menschen". Das hat ihn aber nicht daran gehindert, "bei allen dreien auch da und dort Bauchweh zu haben". Auf Nachfrage wollte der Kardinal dann aber doch nicht sein Bauweh den dreien gegenüber konkretisieren, wartete aber mit Papst Paul VI. auf: "Ich hatte Bauchweh mit seiner Ostpolitik. Wir haben ja in Österreich den Kommunismus wirklich hautnah in der Nachbarschaft erlebt. Also da hatte ich manchmal, bei allem Respekt, die Sorge: Das ist zu blauäugig. Aber wer bin ich, das zu beurteilen?"

Zur Frage, ob er am Ende seiner Amtszeit als Erzbischof von Wien optimistischer oder pessimistischer auf die Welt blicke, antwortete er mit einem Ausspruch von Joseph Ratzinger: "Pessimismus und Optimismus, das sei eine Frage des Temperaments. Aber worauf es ankommt, sei die Hoffnung. Die Hoffnung ist keine Frage des Temperaments, sondern eine des Willens und Geistesüberzeugung." Und der Kardinal fügte hinzu: "Ich bin hoffnungsvoll."

Copyright 2024 Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich
Foto: Kardinal Schönborn bei diesem Pressegespräch (c) KATHPRESS/Paul Wuthe


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Lesermeinungen

Federico R. vor 19 Stunden: Wenn Bischöfe in der Tradition der Wahrheit stehen, ...

... die auf Jesus Christus gründet und zu IHM hinführt, dann ist diese Tradition auch tragfähig. Die katholische Kirche ist auf Simon Petrus gebaut, den Fels, und nicht auf einen rieselnden Sandhaufen. Warum sollen Bischöfe, die voll in der Tradition des Herrn stehen, nicht eine herausgehobene Rolle in der Kirche spielen dürfen und einen besonderen Wirkungsort erhalten. Erinnert sei hier nur an Johannes XXIII., der in der sog. Malachias-Päpsteprophezeiung (vermutlich hl. Philippus Neri stammend) als „pastor et nauta“ („Schäfer und Seefahrer“) betitelt wird. Angelo Giuseppe Roncalli war von Papst Pius XII. im Januar 1953 zum Patriarchen der Seefahrerstadt Venedig erhoben worden und war auch als Pontifex - Papa Buono - von einer tiefen traditionellen Frömmigkeit geprägt.

lesa vor 21 Stunden: Maß, Klugheit, aber keine Kompromisse

@Glaube, Hoffnung: Wir leben den glauben in der Zeit, aber "den Zeitgeist integrieren"? Die mitte kann nur die Wahrheit des überlieferten Glaubens sein. Was Sie wohl (zu Recht) sagen wollen: Ihn mit Klugheit vermitteln. Aber "Kompromisse" sind ein "Sauerteig", der nicht gut tut.

chorbisch vor 26 Stunden: @ Philosophus

Wäre es wirklich ein "sich wieder der Tradition zuwenden", wenn der nächste Papst die Erzbischöfe von Mailand und Paris nur deshalb zu Kardinälen ernennt, weil "es immer so war"?
Egal, wie viele ihren Glauben praktizierende Katholiken es dort noch gibt?

Warum nicht der Tradition verbundene Bischöfe in Afrika oder anderen Kontinenten auszeichnen, wenn in ihren Sprengeln der Glaube blüht und lebt?

Die katholische Kirche ist eine Weltkirche, keine europäische mit "Außenposten" in den "Kolonien".

Dass bei den Erzbischöfen von Köln der Kardinalshut praktisch "immer im Kleiderschrank hängt" ist erst "Tradition, seit das katholische Rheinland nach 1815 zu Preußen gehören. Mit der Verleihung dieser Würde sollte ein Zeichen gegen das protestantische Preußen gesetzt werden.

GlaubeHoffnungLiebe vor 26 Stunden: Philosophus; Tradition ist ein zweischneidiges Schwert

Bei Tradition muss ich unweigerlich an den Satz denken, den wir Kinder stets vom Vater auf unsere Frage "Warum.?" gehört haben. Er sagte "das ist Tradition, das machen wir so weiter wie alle vor uns". Einerseits ist es richtig, Traditionen aufrechtzuerhalten und für nachkommende Generationen zu sichern, aber gleichzeitig ist Tradition bei jüngeren Menschen schnell mal mit negativen Beigeschmack behaftet. Erzählt man zu viel davon, nehmen die jungen Menschen kopfschüttelnd Reißaus, erzählt man nichts oder wenig, dann geht viel verloren. Unser Kirche müsste eigentlich einen guten Mittelweg finden, der sowohl traditionelle Dinge als auch den Zeitgeist integriert. Ich weiß schon jetzt, dass unser Weihnachtsgottesdienst wieder alles andere als traditionell wird. Die Christmette wird erneut ganz im Zeichen der Moderne stehen und die Predigt wieder gegen die "alten Zöpfe" austeilen. Aber dennoch kommen kaum junge Gläubige in die Gottesdienste.

Philosophus vor 28 Stunden: Man kann nur hoffen,

dass der nächste Papst sich wieder mehr der Tradition zuwendet. Was soll das, wenn nicht einmal mehr Paris oder Mailand einen Kardinal bekommen!?
Es wäre wünschenswert, wenn der gegenwärtige Papst eine Singularität bliebe …

GlaubeHoffnungLiebe vor 2 Tagen: Ggf bitte einem anderen Artikel zuordnen/ Kirche gibt ihre Identität auf

Nun ist es offiziell. Ab Sommer 2025 bekommen katholische und protestantische Schulkinder in Niedersachsen gemeinsamen Religionsunterricht; Beginnen wird man in der Grundschule und dann Stück für Stück die Klassen weiter hinauf. Ich hab mich nur gefragt ob es dann demnächst auch eine gemeinsame Kombinations-Feier aus Erstkommunion und Konfirmation geben wird? Da die heutige Generation Eltern eh schon kaum den eigenen Glauben vermitteln kann, wird es ziemlich dunkel am katholischen Horizont.

Federico R. vor 2 Tagen: @ab55. Die sog. Malachias-Päpsteweissagungen gehen vermutlich …

… auf den hl. Philipp Neri zurück und sind überraschend zutreffend. „Flos florum“ (Blume der Blumen, drei Lilien im Wappen) war der Titel für Paul VI. Der letzte namentlich Genannte in dieser Reihe war Benedikt XVI. mit dem Titel „Gloria olivae“. Seine unmittelbaren Vorgänger waren der hl. Johannes Paul II., der „eilige“ Vater, der quasi vom Aufgang der Sonne bis zu deren Untergang weltweit unterwegs war.

Gegenwärtig erleidet die Kirche die Zeit „in persecutione extrema“ mit Jorge Mario Bergoglio an der Spitze, „der während der schlimmsten Verfolgung der Heiligen Römischen Kirche regiert“, ohne dass sein Name erwähnt wird. Ihm folgt unmittelbar darauf, so die Prophetie, Petrus II., der Römer, in dessen Pontifikat das Strafgericht stattfindet und mit der Wiederkunft des Herrn verbunden sein wird. Wäre er somit der letzte Papst?
So betrachtet, befinden wir uns gegenwärtig in der Endzeit. Maranatha!

Allen Lesern hier ein gesegnetes Weihnachtsfest!

ab55 vor 2 Tagen: @Konklave

"Der Mensch denkt, Gott lenkt" lautet ein altes Sprichwort, das in meiner Familie oft zitiert wird. Ich glaube noch immer fest an das Versprechen Jesu, dass er durch den Heiligen Geist seine Kirche führen wird. Auch wenn heute viele Bischöfe in Deutschland und Österreich Heiligen Geist und Zeitgeist verwechseln, wer nächster Papst wird, ist noch lange nicht ausgemacht. Bei aller negativen Entwicklung der letzten Jahre geht das Pendel sicher irgendwann wieder in die richtige Richtung. Nur wann das sein wird, weiß ganz allein der Herr!

Patroklos vor 2 Tagen: Konklave

Natürlich hat PF ein "Programm" bei den Kardinalsernennungen: Eine Mehrheit beim nächsten Konklave für einen PF II herzustellen.
Dazu ernennt er unbedeutende Bischöfe aus unbedeutenden Diözesen, die keinen Bezug zu Rom haben und sich untereinander nicht kennen, aber "auf Linie" sind.
Dann haben seine "Kronprinzen", die er wechselnd in Stellung bringt (derzeit offenbar Kardinal Tagle) sehr große Chancen, gewählt zu werden.
Auf jeden Fall wird so ein neuer, der Tradition mehr verbundener Papst so gut wie unmöglich.
Das kommt davon, wenn man die Kirche als Verein sieht und das Kardinalskollegium nurmehr als Wahlkörperschaft....
Traurig! Wenn man bedenkt, welche herausragenden Persönlichkeiten (aus allen "Lagern"!) Papst Benedikt XVI. seinerzeit zu Kardinälen erhoben hat....

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