Aktuelles | Chronik | Deutschland | Österreich | Schweiz | Kommentar | Interview | Weltkirche | Prolife | Familie | Jugend | Spirituelles | Kultur | Buchtipp
vor 2 Tagen in Prolife, 2 Lesermeinungen
Artikel versenden | Tippfehler melden
Welches Profil haben die 13 Kandidaten? - Im öffentlichen polnischen Fernsehen wurde eine Suggestivfrage zum Thema Abtreibung gestellt, mehrere Kandidaten konterten direkt. Von Viktoria Samp
Warschau (kath.net/vs) Am kommenden Sonntag finden in Polen die Wahlen des neuen Staatsoberhauptes statt. Die diesjährigen Präsidentschaftwahlen sind außerordentlich maßgebend für die zukünftige Ausrichtung der polnischen Politik. Der zurzeit amtierende Staatspräsident Andrzej Duda von der rechtskonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) muss nach zwei Amtszeiten und zehn Jahren an der Spitze der polnischen Republik den Präsidentenpalast verlassen und den Staffelstab an einen Nachfolger übergeben.
Wer dieser Nachfolger sein wird, ist noch eine große Unbekannte und zugleich ist dies von hoher politischer Relevanz. Denn der Präsident in Polen hat umfassende Kompetenzen, die eine bedeutende Gegenkraft zur Regierung darstellen kann.
Solch eine Gegenkraft bildete Andrzej Duda in den vergangenen Monaten gegenüber der seit dem 13. Dezember 2023 amtierenden Koalition aus der liberalen Partei Bürgerplattform (Platforma Obywatelska), Polska 2050, der Polnischen Volkspartei (Polskie Stronnictwo Ludowe) und den Linken. Er konnte zahlreiche Gesetzgebungen blockieren, die die polnische Politik der westlich-europäischen linken Weltanschauung angleichen würde.
Mit den Präsidentschaftwahlen am kommenden Sonntag könnte sich diese Konstellation verändern. Laut Erhebungen wird es zu einer Stichwahl zwischen dem Kandidaten der regierenden Partei PO – Rafał Trzaskowski – und dem Bürgerkandidaten Karol Nawrocki, der von der stärksten Oppositionspartei PiS unterstützt wird, kommen.
Um die Präsidentschaftwahlen zu gewinnen, muss ein Kandidat die absolute Mehrheit erhalten. Sollte dies im ersten Wahlgang keinem der Kandidaten gelingen, wird es am 1. Juni zu einer Stichwahl zwischen den beiden führenden Kandidaten kommen. Der Präsident wird in Polen in direkter Wahl von den Bürgern gewählt.
Die Rolle des Präsidenten Polens ist relativ weitreichend: Er übernimmt u.a. die Funktion des Oberbefehlshabers der Streitkräfte, ihm obliegt das Veto-Recht, er nominiert hohe Staatsbeamte und repräsentiert das Land auf internationaler Ebene.
Der Präsident hat somit großen Einfluss auf die Gesetzgebung und politische Ausrichtung des Landes. Die diesjährigen Präsidentschaftswahlen sind nicht nur in Hinblick auf den in der mit Polen grenzenden Ukraine andauernden Krieg und der damit verbundenen Sicherheitsaspekte von geraumer Bedeutung, aber auch, da viele Themen außerordentlich emotional aufgeladen sind – sei es die Migrations-, EU-, Klima-, Bildungs-, Wirtschafts- oder Abtreibungspolitik. Die Regierungs- und Oppositionsparteien haben grundverschiedene Programme und das Parlament besteht aus Repräsentanten diverser politischer Lager. Einzelne Stimmen haben einen maßgeblichen Einfluss auf wichtige Entscheidungen und damit auf wesentliche Entwicklungen. So haben z.B. in der Abstimmung über die Liberalisierung der Abtreibung 218 Gegenstimmen gegenüber 215 Ja-Stimmen für die Beibehaltung der bestehenden, auf europäischer Ebene außerordentlich Kinderschutzzentrierten rechtlichen Regelung gesorgt. Ein Beispiel für die umfassende Kompetenz des Präsidenten war in der Vergangenheit Andrzej Dudas Veto gegen den allgemeinen, rezeptlosen Zugang zur Pille danach für Jugendliche ab dem 15. Lebensjahr.
Auch die 13 Präsidentschaftskandidaten repräsentieren ein außergewöhnlich breites Spektrum an gesellschaftlichen Ansichten. Hier stellen wir sie kurz vor:
Rafał Trzaskowski: amtierender Bürgermeister Warschaus, zweiter Vorsitzender der liberalen Bürgerplattform (PO). Er gilt als pro-europäisch, unterstützt sexuelle Minderheiten und spricht sich für eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts aus. Obwohl er die restriktive Migrationspolitik der PiS kritisierte, hat er sich während des Wahlkampfs mehrmals für mehr Kontrolle ausgesprochen.
Karol Nawrocki: amtierender Präsident des Instituts für Nationales Gedenken, Doktor der Geisteswissenschaften, parteilos, unterstützt durch die rechts-konservative stärkste Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit, der aufgrund einer Maßnahme der Regierung die Finanzierung des Wahlkampfs nicht anerkannt worden ist. Als zentrales Thema in seinem Wahlkampf bezeichnet Nawrocki die Sicherheitspolitik. Vor einigen Tagen hat er sich mit Donald Trump im Weißen Haus getroffen. Er ist Abtreibungsgegner und unterschrieb eine Deklaration, in Einklang mit katholischen Werten zu handeln. Nawrocki ist Gegner des Europäischen Grünen Deals, der Einführung des Euro und des Migrationspaktes.
Sławomir Mentzen: Kandidat der rechtskonservativen Konföderation der Freiheit und Unabhängigkeit, Parlamentarier, Doktor der Wirtschaftswissenschaften, Unternehmer. Er ist entschiedener Abtreibungsgegner. Er betreibt eine eigene Brauerei und spricht sich für eine liberale Wirtschaftspolitik aus. Besonders betont er die Souveränität und Unabhängigkeit, eine starke Armee und Marktwirtschaft. Er verteidigt das Bargeld sowie niedrige Steuern und ist Gegner der Europäischen grünen Deals.
Magdalena Biejat: Kandidatin der Linken, amtierende Senatorin, Befürworterin der Abtreibung bis zur 12. Schwangerschaftswoche und von Homo-Ehen.
Szymon Hołownia: amtierender Sejmmarschall, Kandidat der Zentrumspartei Polska 2050, wollte mal Priester werden und verbrachte mehrere Jahre im Priesterseminar bei den Dominikaner. Er schrieb einige religiöse Bücher und war Fernsehmoderator. Hołownia möchte ein Handyverbot in Grundschulen einführen und spricht sich für die Liberalisierung des Abtreibungsverbots aus.
Adrian Zandberg: Doktor der Geisteswissenschaften, Parlamentarier, Mitglied der Partei Zusammen (Razem). Er ist Abtreibungsbefürworter und legt großen Fokus auf die Gesundheits- und Sozialpolitik.
Grzegorz Braun: Kandidat der traditionell-konservativen Konföderation der Polnischen Krone, Mitglied des Europaparlaments, zugleich entschiedener EU-Kritiker. Er spricht sich für den Austritt Polens aus der EU, für den Waffenbesitz, die Todesstrafe und entschieden gegen Abtreibung, in vitro oder Euthanasie aus. Er ist Bürokratiegegner und möchte eine Vereinfachung des Steuersystems. Braun heiratete in der außerordentlichen Form des römischen Ritus. Er ist bekannt geworden durch nonkonformistische Aktionen, wie z.B. das Löschen von Chanukkah-Kerzen im polnischen Parlament.
Joanna Senyszyn: Professorin der Wirtschaftswissenschaften
Krzysztof Stanowski: Youtuber und Betreiber einer Online-Plattform, kandidiert zum Präsidenten, um im Rahmen des Wahlkampfs direkt an Diskussionen teilnehmen zu können. Bei den Debatten provoziert er die anderen Kandidaten und zeigt auf ironische Weise Unstimmigkeiten auf. Sein Publikum besteht vor allem aus dem nationalen, rechten Flügel. Er möchte nicht gewählt werden.
Marek Jakubiak: Abgeordneter, Unternehmer, gehört zu den Freien Republikanern im polnischen Parlament. Er repräsentiert den rechten, national-konservativen Flügel, spricht sich für mehr Volksabstimmungen, eine Modernisierung der Sicherheitspolitik, Unterstützung für die Landwirtschaft und eine einfachere Steuerpolitik und unternehmensfreundlichere Wirtschaftspolitik aus. Jakubiak ist Abtreibungsgegner.
Artur Bartoszewicz: parteilos, Doktor der Wirtschaftswissenschaften, konzentriert sich in seinem Programm auf der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. Er steht dabei besonders für kleine Unternehmer ein. Er spricht sich für den Verbot von Pornografie im Internet aus.
Marek Woch: parteiloser Unternehmer, unterstreicht in seinem Wahlkampf immer wieder, dass er vom Dorf kommt, zahlreiche Geschwister hat und einfacher Arbeiter war, der erst später das Studium aufgenommen und zwei Doktortitel erlangt hat. Zu seinen Hauptpostulaten zählt die Stärkung der Armee, die Verbesserung der Gesundheitspolitik, die Unterstützung der Landwirtschaft sowie erneuerbare Energien.
Maciej Maciak: parteiloser Kandidat, der laut eigenen Angaben den Frieden in den Fokus seines Wahlkampfes stellt. Er ist aufgrund seiner prorussischen Postulate und Sympathie zu Putin sehr umstritten.
Bei der Präsidentschaftsdebatte im öffentlichen polnischen Fernsehen hat eine Moderatorin eine skandalöse Frage bezüglich der Abtreibung gestellt. Entsprechend wurde sie von den konservativen Politikern gekontert.
Die Debatte vor den polnischen Präsidentschaftswahlen am kommenden Sonntag wurde gemeinsam von dem öffentlichen Fernsehen TVP sowie von den zwei kommerziellen Sendern TVN und Polsat organisiert. Die Moderatorin von TVP, Dorota Wysocka-Schnepf, fragte die 13 Kandidaten nach ihrer Meinung zur Abtreibungspolitik, doch die Formulierung ihrer Frage enthielt eine ganz klare politische Suggestion: „Polen entvölkert sich auf dramatische Art und Weise. In 75 Jahren wird es vielleicht weniger als 20 Millionen von uns geben. Gleichzeitig zeigen Studien, dass polnische Frauen die Mutterschaft aufgeben, weil sie Angst vor dem Anti-Abtreibungsgesetz haben, das ihr Leben bedroht, so dass die demografische Katastrophe eng mit diesem Gesetz zusammenhängt. Was wollen Sie tun, um dies zu ändern?“
Der rechts-konservative Kandidat, Sławomir Mentzen, ließ die Art der Fragestellung nicht unkommentiert: „Ich habe schon lange nicht mehr so einen Unsinn gehört, dass polnische Frauen keine Kinder haben wollen, nur weil sie sie später nicht töten können. Das ist natürlich nicht wahr“, betonte er.
Ähnlich reagierten Karol Nawrocki und Marek Jakubiak. „Schon die Form, in der diese Frage gestellt wird, ist eine Art Diagnose des Problems. Sicherlich ist die Förderung des Antiwertes oder des Wertes des Todes anstelle des Lebens ein Problem, das die demografische Dimension des polnischen Staates betrifft“, argumentierte Karol Nawrocki.
Der den national-konservativen Flügel repräsentierende Marek Jakubiak bezeichnete die Frage der Moderatorin als „absurd“. „Die Behauptung, es sei das Recht einer Frau, ein Kind zu bekommen, um es töten zu können, ist für mich so absurd, so unfassbar, dass ich es nicht über die Lippen bringen kann.“, sagte Marek Jakubiak. „Ein durchschnittlich intelligenter Mensch weiß, dass Sie jetzt Propaganda betreiben“, stellte er fest. Es sei Propaganda, wenn man davon spreche, dass man bei der Geburt sterbe, denn das beziehe sich nur auf sehr wenige Ausnahmefälle. Es sollte vielmehr eine positive Botschaft rund um die Familie vermittelt werden.
Ein weiterer Kandidat, Krzysztof Stanowski, Youtuber und Betreiber eines Online-Portals, äußerte sich kritisch über die Moderatorin. Stanowski nimmt an dem Wahlkampf teil, deklariert zugleich aber, dass er kein Wahlprogramm besitzt und nicht gewählt werden möchte. Durch seine Teilnahme am Wahlkampf möchte er auf ironische Weise Probleme auf der politischen Bühne aufzeigen.
Auf seine ironische Weise sagte er: „Ich bin sehr froh, endlich in diesem Propagandatempel zu sein, und ich bin sehr froh, die Hohepriesterin der Propaganda vor mir zu sehen […] Es ist gut, dass Sie hier sind, denn Sie sind ein wahres Symbol für das, was mit den polnischen Medien geschieht, was früher geschah und was immer noch geschieht. Dass es kein klares Wasser ist, sondern dass es das gleiche Abwasser ist wie vorher. Dass der Präsident von TVP heute ein Mann ist, der mit Rafał Trzaskowski in dem Busunternehmen, das er leitete, zusammen war, dass Ihr Ehemann auf eine Ernennung zum Botschafter durch den neuen Präsidenten wartet […]. Das ist nicht objektiv. Sie sollten nicht hier sein. Ich musste dies im Namen aller sagen, die Einspruch erhoben haben“, sagte Stanowski.
Damit zeigte er das Problem der nicht objektiven öffentlichen Medien auf und verwies auf personale Unabhängigkeiten. Im Jahr 2023, in den ersten Tagen nach dem Regierungswechsel, wurde das öffentliche Fernsehen auf brutale Weise übernommen und von neuen Mitarbeitern besetzt.
Außer der skandalös formulierten Frage kam es zu einer weiteren Unstimmigkeit, denn bereits vor der Debatte soll es zu einem Durchsickern der Fragestellungen gekommen sein, sodass die Möglichkeit bestand, dass einige Kandidaten die Fragen kannten und sich entsprechend vorbereiten konnten.
So wurde die Debatte, die eine Gelegenheit bieten sollte, die Präsidentschaftskandidaten und ihre Programme kennenzulernen, schnell zu einem Schauspiel mangelnder Objektivität und Integrität der öffentlichen Medien.
Sollte der Kandidat der Bürgerplattform (PO), der dominierenden Partei in der Regierung, Rafał Trzaskowski, die Präsidentschaftswahlen gewinnen, wird die Regierung ohne größere Schwierigkeiten Gesetze zur Beschränkung des Lebensschutzes verabschieden, Privilegien für die LGBT-Gemeinschaft einführen oder ein Gesetz umsetzen können, das die strafrechtliche Verfolgung von sogenannten „Hassreden“ erlauben wird.
Zurzeit bietet der noch rund zwei Monate amtierende Präsident Andrzej Duda von der größten Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) eine Gegenkraft zur linksliberalen Regierung. Laut Prognosen, wird es zu einer Stichwahl am 1. Juni zwischen dem Kandidaten der Regierungspartei, Rafał Trzaskowski, und dem Bürgerkandidaten Karol Nawrocki, der von der PiS unterstützt wird, kommen. Mehr dazu: siehe Link.
Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!
Versusdeum vor 2 Tagen: Interessante Details
und ein breites Bewerberfeld. Eine vergleichbare Übersicht hatte ich im Wahlkampf in Deutschland nicht mitbekommen, erst recht keine ernsthaften Wahlkriterien von der Bischofskonferenz. Aber da hatte es ja bei den linken Parteien auch genügt, "Nazis!" schreien zu können - Erfolge hatten rot und "grün" eh nicht vorzweisen. Und wie sich herausstellte, war der Wahlkampf eh ein Fake, spätestens als Hofreiter zugab, die CDU habe in Gesprächen mit den Grünen schon vor der Wahl zugegeben, dass die Schuldenbremse fallen werde. Da die Verfassungsänderung für die Billionenschulden sofort nach der Wahl kam, wird auch das vorher abgesprochen worden sein. Aber mit dem Geld anderer Leute konnte man Sozialisten schon immer locken.
anjali vor 2 Tagen: Wahlkampf
Herzlichen Dank, sehr interessant .Ich liebe Polska wegen Papst Joannes Paulus II. Ich würde,wenn ich Stimmrecht hätte dort, möglich Slawomir Mentzen wählen.Jedenfalls jemand der gegen Abtreibung ist und für die Katholische Kirche.
Um selbst Kommentare verfassen zu können nützen sie bitte die Desktop-Version.
© 2025 kath.net | Impressum | Datenschutz