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Samen des Friedens und der Hoffnung

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Botschaft des Heiligen Vaters zum Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung


Vatikan (kath.net) kath.net dokumentiert die Botschaft "Samen des Friedens und der Hoffnung" des Heiligen Vaters Leo XIV. vom 30. Juni 2025 für den Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung am 1. September 2025 in voller Länge:

Liebe Brüder und Schwestern!

Das Thema dieses Weltgebetstags für die Bewahrung der Schöpfung, das unser geliebter Papst Franziskus gewählt hat, lautet „Samen des Friedens und der Hoffnung“. Am 10. Jahrestag der Einführung dieses Tages im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Enzyklika Laudato si’ befinden wir uns mitten im Jubeljahr, als „Pilger der Hoffnung“. Gerade in diesem Kontext gelangt das Thema zu seiner vollen Bedeutung.

Jesus verwendet in seiner Verkündigung oft das Bild des Samens, um vom Reich Gottes zu sprechen, und am Vorabend seines Leidens wendet er es auf sich selbst an, indem er sich mit dem Weizenkorn vergleicht, das sterben muss, um Frucht zu bringen (vgl. Joh 12,24). Der Samen überlässt sich ganz der Erde und dort keimt mit der aufbrechenden Kraft seiner Hingabe das Leben, auch an gänzlich unerwarteten Orten, in einer erstaunlichen Fähigkeit, Zukunft zu eröffnen. Denken wir zum Beispiel an die Blumen, die am Straßenrand wachsen: Niemand hat sie gepflanzt, und doch wachsen sie dank jener Samen, die fast zufällig dort gelandet sind, und schmücken den grauen Asphalt und können sogar seine harte Oberfläche durchdringen.

In Christus sind wir also Samen. Nicht nur das, sondern „Samen des Friedens und der Hoffnung“. Wie der Prophet Jesaja sagt, ist der Geist Gottes in der Lage, die trockene und ausgedörrte Wüste in einen Garten zu verwandeln, in einen Ort der Ruhe und Gelassenheit: » […] Bis über uns der Geist aus der Höhe ausgegossen wird.  Dann wird die Wüste zum Garten und der Garten wird zum Wald. In der Wüste wird wohnen das Recht und in dem Garten wird die Gerechtigkeit weilen. Das Werk der Gerechtigkeit wird Friede sein und der Ertrag der Gerechtigkeit sind Ruhe und Sicherheit für immer. Dann wird mein Volk auf der Aue des Friedens weilen, an sicheren Wohnorten und an sorgenfreien Ruheplätzen« (Jes 32,15-18).

Diese prophetischen Worte, die vom 1. September bis zum 4. Oktober die ökumenische Initiative „Zeit der Schöpfung“ begleiten werden, bekräftigen nachdrücklich, dass neben dem Gebet auch der Wille und konkrete Taten notwendig sind, um diese „Liebkosung Gottes“ für die Welt erfahrbar zu machen (vgl. Laudato si’, 84). Gerechtigkeit und Recht scheinen nämlich die Unwirtlichkeit der Wüste zu heilen. Es handelt sich um eine Botschaft von außerordentlicher Aktualität. In verschiedenen Teilen der Welt ist mittlerweile offensichtlich, dass unsere Erde im Verfall begriffen ist. Überall führen Ungerechtigkeit, die Verletzung des Völkerrechts und der Rechte der Völker, die Gier und die daraus resultierende Ungleichheit zu Entwaldung, Umweltverschmutzung und Verlust der Biodiversität. Extreme Naturereignisse, die durch den vom Menschen verursachten Klimawandel hervorgerufen werden (vgl. Apostolisches Schreiben Laudato si’, 5), nehmen an Intensität und Häufigkeit zu, ganz zu schweigen von den mittel- und langfristigen Auswirkungen der menschlichen und ökologischen Verwüstung durch bewaffnete Konflikte.

Es scheint noch immer kein Bewusstsein dafür zu bestehen, dass die Zerstörung der Natur nicht alle gleichermaßen trifft: Die Missachtung von Gerechtigkeit und Frieden trifft vor allem die Ärmsten, die Ausgegrenzten und die Ausgeschlossenen. Emblematisch ist in diesem Zusammenhang das Leiden der indigenen Gemeinschaften.

Und damit nicht genug: Die Natur selbst wird manchmal zum Tauschobjekt, zu einem Gut, mit dem gehandelt wird, um wirtschaftliche oder politische Vorteile zu erlangen. In einer solchen Dynamik wird die Schöpfung zu einem Ort des Kampfes um die Kontrolle über lebenswichtige Ressourcen. Davon zeugen die gefährlichen, von Minen durchsetzen landwirtschaftlichen Gebiete und Wälder, die Politik der „verbrannten Erde“ [1],  die Konflikte um Wasserquellen und die ungerechte Verteilung der Rohstoffe, welche die schwächsten Bevölkerungsgruppen benachteiligen und die soziale Stabilität untergraben.

Diese verschiedenen Verwundungen sind der Sünde geschuldet. Das war sicherlich nicht das, was Gott im Sinn hatte, als er die Erde dem Menschen anvertraute, den er nach seinem Bild geschaffen hatte (Gen 1,24-29). Die Bibel fördert nicht »die despotische Herrschaft des Menschen über die Schöpfung« (Laudato si’, 200). Vielmehr ist es »wichtig, die biblischen Texte in ihrem Zusammenhang zu lesen, mit einer geeigneten Hermeneutik, und daran zu erinnern, dass sie uns einladen, den Garten der Welt zu „bebauen“ und zu „hüten“ (vgl. Gen 2,15). Während „bebauen“ kultivieren, pflügen oder bewirtschaften bedeutet, ist mit „hüten“ schützen, beaufsichtigen, bewahren, erhalten, bewachen gemeint. Das schließt eine Beziehung verantwortlicher Wechselseitigkeit zwischen dem Menschen und der Natur ein« (ebd., 67).

Die Umweltgerechtigkeit – implizit von den Propheten verkündet – kann nicht länger als abstraktes Konzept oder fernes Ziel betrachtet werden. Sie ist eine dringende Notwendigkeit, die über den bloßen Schutz der Umwelt hinausgeht. Es handelt sich in Wirklichkeit um eine Frage der sozialen, wirtschaftlichen und anthropologischen Gerechtigkeit. Für Gläubige ist sie darüber hinaus ein theologisches Erfordernis, das für Christen das Antlitz Jesu Christi hat, in dem alles geschaffen und erlöst wurde. In einer Welt, in der die Schwächsten als Erste unter den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels, der Entwaldung und der Umweltverschmutzung leiden, wird die Bewahrung der Schöpfung zu einer Frage des Glaubens und der Menschlichkeit.

Es ist nun wirklich an der Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen. »Die Berufung, Beschützer des Werkes Gottes zu sein, praktisch umzusetzen gehört wesentlich zu einem tugendhaften Leben; sie ist nicht etwas Fakultatives, noch ein sekundärer Aspekt der christlichen Erfahrung« (ebd., 217). Durch engagierte und einfühlsame Arbeit können viele Samen der Gerechtigkeit keimen und so zu Frieden und Hoffnung beitragen. Manchmal dauert es Jahre, bis ein Baum seine ersten Früchte trägt, Jahre, in denen ein ganzes Ökosystem in Kontinuität, Treue, Zusammenarbeit und Liebe einbezogen ist, vor allem wenn diese Liebe zum Spiegel der sich hingebenden Liebe Gottes wird.

Unter den Initiativen der Kirche, die wie Samenkörner auf dieses Feld gesät werden, möchte ich das Projekt „Borgo Laudato si’“ erwähnen, das Papst Franziskus uns in Castel Gandolfo als Vermächtnis hinterlassen hat, als Samenkorn, das Früchte der Gerechtigkeit und des Friedens tragen kann. Es handelt sich um ein Bildungsprojekt zugunsten einer ganzheitlichen Ökologie, das ein Beispiel dafür sein will, wie man in Anwendung der Grundsätze der Enzyklika Laudato si’ leben, arbeiten und eine Gemeinschaft bilden kann.

Ich bitte den Allmächtigen, er möge uns in Fülle seinen »Geist aus der Höhe« (Jes 32,15) senden, damit diese Samen und andere ähnliche Samen reichlich Früchte des Friedens und der Hoffnung tragen.

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[1] Vgl. Päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden, Terra e cibo, LEV 2015, 51-53.

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Archivfoto Papst Leo (c) Vatican Media


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