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Leo XIV. Brückenbauer für die Kirche - Die Biographie - Leseprobe 3

vor 2 Tagen in Buchtipp, 1 Lesermeinung
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Wer ist dieser Papst? Und was bedeutet seine Wahl für die Zukunft der katholischen Kirche? Ein neues Buch von Michael Hesemann. Leseprobe 3


Linz-Wien (kath.net)

Erhalten und versöhnen, nicht zerstören. Wie Leo XIV. als Bischof von Chiclayo in Peru eine ganze Diözese reformierte.
(Leseprobe 3)

Am 26. September 2015, als er gerade seit vier Wochen seinen peruanischen Pass besaß, wurde der Augustinerpater Robert Francis Prevost von Papst Franziskus offiziell zum 4. Bischof von Chiclayo ernannt. Am 12. Oktober fand in der Marienkathedrale von Chiclayo seine feierliche Amtseinführung statt, der zahlreiche peruanische Bischöfe sowie Priester, Ordensleute und Gläubige aus der ganzen Region beiwohnten. Seine Predigt kreiste um die Worte des hl. Augustinus: „Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ“. Er verstand sich als oberster Diener, nicht als Herr seines Bistums.

Green blieb noch drei Jahre in Peru und erlebte die pastoralen Führungsqualitäten des Augustiners hautnah: „Er hatte eine außergewöhnliche Fähigkeit, Menschen zusammenzubringen. Er sprach davon, Brücken zu bauen, und er lebte danach. Er wusste, wie man mit Meinungsverschiedenheiten zwischen Bischöfen und Geistlichen mit Anmut und Einigkeit umgeht.“

Als bischöfliches Motto wählte Prevost „In Illo uno unum“, „In dem Einen (Christus) sind wir alle eins“, was bestens zu seinem Charisma als Brückenbauer passt. Es geht natürlich auf ein Zitat des hl. Augustinus zurück, der in einer Predigt über den Psalm 127 betonte, dass „wir Christen zwar viele, aber in dem einen Christus eins sind.“ Auch sein Bischofswappen war augustinisch geprägt. Den Prinzipien der kirchlichen Wappenkunde („Heraldik“) folgend, bezog sich seine linke Seite (aus der Perspektive des Betrachters; vom Schildträger aus gesehen aber rechts, daher „dexter impalement“) auf sein Bistum. Hier wählte er die weiße Lilie auf blauem Hintergrund als Symbol für die Jungfrau Maria, denn die „Unbefleckt Empfangene“ (Immaculada Concepción) ist die Schutzpatronin der Diözese Chiclayo. Die rechte Seite (bzw. linke, daher „sinister impalement“) steht für den Bischof selbst, und da wählte Prevost das Emblem des Augustinerordens, ein brennendes, von einem Pfeil durchbohrtes Herz. „Mit deiner Liebe hast du mein Herz durchbohrt“, lautet das dazugehörige Zitat aus den „Bekenntnissen“ des hl. Augustinus. Das Herz symbolisiert die leidenschaftliche Liebe zu Gott, der Pfeil die göttliche Durchdringung der menschlichen Seele. Unter dem Herzen ist ein offenes Buch zu sehen, das sowohl für die Heilige Schrift wie für die Werke des Kirchenlehrers aus Hippo steht. Dieses Wappen hat Leo XIV. nach seiner Wahl zum Papst fast originalgetreu übernommen; nur dass jetzt die gekreuzten Schlüssel Petri und die Papstmitra, die seit Benedikt XVI. an die Stelle der einstigen Papstkrone, der Tiara, tritt, den Hintergrund bilden.

Das Bistum Chiclayo wurde erst 1956 von Papst Pius XII. aus der Taufe gehoben. Seine in gelb und weiß gestrichene neoklassizistische Kathedrale ist, wie die ganze Diözese, der Heiligen Jungfrau geweiht und wurde ab 1869 nach Plänen von Gustave Eiffel, dem Erbauer des Eiffelturms, errichtet. Aus finanziellen Gründen verzögerte sich ihre Fertigstellung um ein halbes Jahrhundert und so wurde sie erst 1939 geweiht. Ihre vier Glocken "Ave Maria", "Assumpta", "Mater Dei" und "Gratia Plena" wurden übrigens in Deutschland gegossen und per Schiff nach Peru transportiert.

Doch nicht nur eine recht neue und ziemlich repräsentative Kathedrale erwartete den neuen Bischof, sondern auch ein Bistum mit einer ganz besonderen Prägung.

Nach dem Tod ihres ersten Bischofs, Msgr. Daniel Figueroa Villón, ernannte Papst Paul VI. 1968 Ignacio Obergozo, einen spanischen Priester des Opus Dei, zum neuen Leiter der Diözese. Bischof Obergozo setzte sich stark für die Jugendpastoral ein und gründete ein Priesterseminar, das mit 80 Seminaristen bald aus allen Nähten platzte. Als Obergozo 1998 starb, ernannte Johannes Paul II. Bischof Jesús Moliné zu seinem Nachfolger. Moliné war Mitglied der Priesterbruderschaft vom Heiligen Kreuz, die mit dem Opus Dei verbunden und gewissermaßen für ihre orthodoxe Lehre und konservative Haltung bekannt ist. Erst 2014, mit 75 Jahren, bot er Papst Franziskus altersbedingt seinen Rücktritt an.

Obergozo und Moliné, die beiden Bischöfe des Opus Dei, hatten also die Diözese insgesamt 45 Jahre lang geleitet und entsprechend geprägt. Unter ihnen erlebte das Bistum Chicloyo eine Phase intensiven Wachstums, wuchs die Bevölkerung der Diözese von 400.000 auf über 1 Million, während sich die Zahl der Pfarreien fast verdoppelte.

Als Prevost nach Chiclayo kam, befürchteten einige Katholiken, dass es zu erheblichen Veränderungen kommen würde. Er war von Papst Franziskus ernannt worden, der als Gegner des Opus Dei und der Konservativen im Allgemeinen galt. Doch stattdessen nahm Prevost den Klerus und die Institutionen, die er vorfand, mit offenen Armen auf. Der mit Abstand größte Teil der lokalen Priester bezeugt, dass er gut mit ihnen zusammenarbeitete und von allen gemocht wurde, egal ob sie konservativ waren oder nicht. „Er war immer sehr offen für die Zusammenarbeit mit allen, mit uns Priestern des Opus Dei und der Priesterbruderschaft vom Heiligen Kreuz ebenso wie mit allen Ordensgemeinschaften in der Diözese, die unterschiedliche Sensibilitäten haben; er arbeitete mit allen zusammen“, erklärte Fr. Jorge Millán, den Bischof Prevost zum Dompfarrer ernannte. Die Kathedrale und die Bischofsresidenz befinden sich auf dem gleichen Grundstück, sodass Millán und sechs andere Priester die nächsten neun Jahre lang mit ihrem neuen Oberhirten unter einem Dach lebten. „Von Anfang an schätzten wir seine Nähe – und sein Spanisch“, erinnert sich Millán lachend. „Wir hatten schon zuvor amerikanische Priester, aber die sprachen oft kein gutes Spanisch. Er schon. Er war ein sehr offener Mensch, sehr zugänglich, es gab keine Mauern zwischen ihm und seinen Priestern, wir konnten ihn alle anrufen oder ihm eine Nachricht schicken, er stand uns allen sehr nahe“, fügt er hinzu.

Prevost entschied sich, keine Augustiner aus seinem eigenen Orden nach Chiclayo zu holen, sondern die dem Opus Dei nahestehenden Diözesanpriester in ihren Ämtern zu bestätigen.  „Es wäre normal gewesen, Menschen um sich haben zu wollen, die seine Spiritualität besser verstanden“, meinte Pfr. Millán, „aber er wollte in das Leben der Diözese eintauchen. Er kam in die Diözese, um auf dem aufzubauen, was zuvor geleistet worden war, er hat keine radikalen Veränderungen vorgenommen. Er kam und wollte wissen, welche Arbeit wir geleistet hatten, und nach und nach gab er allem seine eigene Note, aber er kam nie mit Vorurteilen, weil wir ‚konservativ‘ sind, im Gegenteil, er hat uns immer vertraut.“

Diejenigen, die Prevost als Bischof erlebten, beschreiben ihn einhellig als orthodox in Fragen der Lehre, aber bereit zum Dialog mit Menschen aller Weltanschauungen. „Er zeigte immer großen Respekt vor der Doktrin, vor der katholischen Morallehre und vor der Soziallehre der Kirche. Ich habe nie etwas Negatives an ihm bemerkt, er war nie zweideutig“, erklärte Pater José Luis Zamora, damals Rektor des Priesterseminars von Chiclayo: „Aber er zeichnete sich immer durch große Nächstenliebe und große Klarheit aus.“ Dabei förderte er das Priesterseminar und bestätigte es in seiner „konservativen“ Ausrichtung. So blieb die Zahl der Berufungen stabil, bis es während der Covid-Pandemie 2020-22 zu einem Rückgang kam. Trotzdem gehört es auch heute noch zu den bestbesuchten Priesterseminaren des Landes.

kath.net Buchtipp
Leo XIV. Brückenbauer für die Kirche - Die Biographie
Von Michael Hesemann
Langen-Müller Verlag 2025
ISBN: 9783784485317
320 Seiten
Preis: Euro 24,70

 


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Lesermeinungen

Hope F. vor 2 Tagen: Dankbar

Wir sind sehr dankbar für diesen Papst. Vergelt's Gott. Möge dieses Pontifikat sehr sehr lange wären und der Papst bei bester Gesundheit bleiben. Gott schütze seinen Diener auf Erden.
Ich wünsche mir mehr solcher Brückenbauer insbesondere in der Politik. Dann wäre diese Welt um vieles reicher, schöner und lebenswerter.

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